Transilvanien und die Bergwelt der Karpaten

Nach einer wunderbar ruhigen Nacht - fast schon zu ruhig - wollen wir heute eigentlich "nur" 150 Kilometer bis Brasov (Kronstadt) fahren. Vom Parkplatz-Wächter werden wir überschwänglich verabschiedet. Dann geht es auf der Rüttelpiste wieder zurück bis Berca. Unterwegs passieren wir ein Roma-Dorf, das wieder einmal erschreckend ist. Die Menschen "hausen" hier - anders kann man es nicht nennen - in ärmlichsten Verhältnissen auf dem Dreck und Müll. Menschenwürdig kann man das nicht mehr nennen. Da bekomme ich in unserem Mumin fast ein schlechtes Gewissen. Beschweren wir uns also nicht über schlechte Straßen.

Auf der Hauptstraße Nr. 10 geht es recht zügig voran in Richtung Brasov. Doch dann kommt uns eine Umleitung in die Quere.

Über eine relativ gut ausgebaute Straße geht es durch eine wunderschöne Landschaft und nette Dörfer. Es sind wieder etliche Neubauten von beeindruckenden Ausmaßen zu sehen. Inzwischen rücken auch die Berge immer näher. Wir sind wieder in den Karpaten. In Valenii de Munte führt uns die Umleitung wieder in Richtung Norden. Nun wird es knackig, denn der gesamte Schwerlastverkehr tummelt sich auf dieser engen, kurvigen und mit Schlaglöchern durchsetzten Strecke.  Zudem gilt es, einen 1.263 Meter hohen Pass im Nebel zu überqueren.

Frank ist ziemlich genervt und auch die Copilotin hält mehrmals die Luft an. Zeit für eine Kaffeepause.

Am zunächst vermüllten Parkplatz hält neben uns ein Trupp von der Straßenmeisterei. Die 8 Mann starke Gruppe beseitigt im Hau-Ruck sämtlichen herumliegenden Müll. Auch so ein Phänomen in Rumänien. Während vielerorts noch wilde Müllkippen zu sehen sind, findet anderswo eine sorgfältige Trennung statt. Das Umweltbewusstsein in diesem Land entwickelt sich.


Es ist fast schon 15 Uhr, als wir endlich Brasov erreichen. Die Hauptstadt Siebenbürgens. Wir wagen uns mitten ins Zentrum, denn Frank ist optimistisch, dass wir in dieser "Kleinstadt" wie gewohnt einen Parkplatz bei einem zentralen Einkaufszentrum finden würden. Ein Konzept, das sich bisher bewährt hat. Aber eben nur bisher. Spätestens als wir auf dem 6-spurigen inneren Ring unterwegs sind - 6 Spuren in eine Richtung wohlgemerkt - sind wir eines Besseren belehrt. Da hätten wir mal besser den Campingplatz am Stadtrand angesteuert und hätten uns ein Taxi genommen. Hätte, Hätte Fahrradkette - Keine Chance, unseren Mumin irgendwo in der City abzustellen. Shit happens!

Wir finden ohne Blessuren aus dem Zentrum wieder hinaus und fahren nach Zarnesti. Dabei passieren wir Rasnov und die imposante Festung. Wir erhaschen einen Blick hinauf, haben heute aber keinen Nerv mehr für eine Besichtigung.

In Zarnesti erledigen wir noch ein paar Einkäufe und steuern dann den Campingplatz "Alpin Ranch" an. Er ist voll mit Wohnmobilen einer deutschen Reisegruppe. Oh Schreck - fast lauter Schwaben unterwegs......

Der findige und geschäftstüchtige Chef, der perfekt Deutsch spricht, hat jedoch ein Plätzchen für uns. Da wir mittlerweile ziemlich k.o. sind, gesellen wir uns dazu und kommen auch noch in den Genuss einer formidablen Grillplatte samt Wein und Schnaps. Das Ganze inklusive der Übernachtung für 30 Euro.

Wir kommen noch ins Gespräch mit einem netten Paar aus Luxemburg.

Insgesamt sind wir jedoch trotz des heutigen etwas frustrierenden Tages der Meinung, dass so eine geführte Gruppenreise eher nix für uns ist. Da bleiben wir doch lieber Individualisten.

Morgen hoffen wir auf etwas mehr Glück bei der Erkundung des Bärenreservates von Zarnesti.

Tagesetappe: 200 km


Von Bären, Dracula und einem Königsschloss

Der heutige Tag beginnt mit Sonnenschein. Wir bekommen vom Campingplatz-Besitzer ein liebevoll dekoriertes Tablett mit Kaffee vor die Tür gestellt. Eine nette Geste auf Kosten des Hauses. Dann fahren wir ins nur 6 Kilometer entfernte Bären-Reservat von Zarnesti. Schon die Anfahrt über die Schotterpiste ist ein kleines Abenteuer. Hätten wir das mal vorher gewusst, denn hier hätten wir einen wunderbaren Übernachtungsplatz mit beeindruckendem Bergpanorama gehabt. Ganz großes Landschaftskino, aber man kann nicht alles haben.

Im Bärenreservat kommen wir genau rechtzeitig für die Führung um 10.00 Uhr. Aktuell werden hier 99 Braunbären, 7 Wölfe und einige Rehe gehalten. Das Reservat wurde im Jahr 2005 im Rahmen eines Tierschutzprojektes eröffnet. "Ausgediente" Braunbären aus Privathaltung, Zoos und aus dem Zirkus, die teilweise unter unglaublich brutalen und katastrophalen Bedingungen gehalten wurden, fanden hier ein neues Zuhause. Die Haltung von Bären ist in Rumänien mittlerweile unter Strafe gestellt, aber in der Vergangenheit hatten die Tiere ein abscheuliches und brutales Leben. Sie wurden u.a. mit Alkohol abgefüllt, um sie gefügig zu machen. Ein besonders herzergreifendes Schicksal hatte der Bär Max, dem das Augenlicht durch Nadelstiche genommen wurde und dessen Geruchssinn durch den Ring in der Nase ebenfalls zerstört ist. All dies erfahren wir bei der sehr engagierten Führung, bei der wir einige der Bären aus nächster Nähe beobachten können. Und die Tiere fühlen sich in ihrer geschützten und natürlichen Umgebung sichtlich wohl. Ein Besuch, der uns tief beeindruckt und das relativ hohe Eintrittsgeld von 185 Lei (ca. 45 Euro) rechtfertigt.

Nach dem Besuch im Reservat genießen wir noch ein wenig die wunderschöne Aussicht und fahren anschließend weiter zum Schloss Bran. Wer das nicht kennt - es ist DAS Wahrzeichen und Dracula-Mysterium Rumäniens. Nur 11 Kilometer entfernt müssen wir dort natürlich vorbei. Eigentlich wollen wir das Touristenmagnet nur von außen anschauen - wo wir doch schon mal in der Nähe sind, Dracula jedoch nachweislich aber nie hier war. Weil wir in unmittelbarer Nähe einen kostenlosen Parkplatz ergattern und sich die Besuchermassen in der Vorsaison an einem Wochentag und um die Mittagszeit in Grenzen halten, berappen wir doch den Eintritt (40 Lei, ca. 8 Euro) und schauen uns das Schloss genauer an. Das Ganze ist überraschend schön aufgemacht und wir können uns in aller Ruhe die vielen verwinkelten Räume anschauen. In der Hochsaison würden wir allerdings einen großen Bogen um das Ganze machen. Touristisch aufgemotzt mit vielen Restaurants, Hotels, einer Souvenirmeile etc.

Wir genießen eine Kaffeepause im Sonnenschein und fahren weiter ins etwa 30 Kilometer entfernte Busteni. Zuvor müssen wir jedoch wieder einmal einen Bergpass überqueren, um ins nächste Tal zu gelangen. Somit zieht sich die Fahrerei wieder ein wenig hin. In Busteni verpassen wir den Abzweig ins Valea Cerbului. Dort soll es vor fantastischer Bergkulisse freie Campingmöglichkeiten in einem Bärengebiet geben. Außerdem möchten wir endlich einmal einen Wandertag einlegen. Als wir den richtigen Abzweig finden, endet die Straße abrupt wegen Straßenbauarbeiten. Ein netter Arbeiter zeigt uns auf der Karte, wie wir die Sperrung umgehen können. Mitten durch ein Gewirr aus steilen und engen Einbahnstraßen arbeiten wir uns Stück für Stück bergauf, bis wir schließlich auch oben vor einer Absperrung landen. Nun ist Ende Gelände und ziemlich frustriert machen wir kehrt. Das Tal scheint nicht erreichbar zu sein.

Also fahren wir weiter nach Sinaia und zum dortigen Königsschloss Peles. Es war einer derer von Hohenzollern, der hier ein "Heimweh-Schloss" bauen ließ, das noch heute der rumänischen Königsfamilie als Repräsentations-Sitz dient.

Wir finden etwas unterhalb des Schlosses einen Parkplatz am Wildbach, auf dem wir über Nacht stehen bleiben können. Zwar anders als geplant, aber soweit ok.

Die Schloss-Anlage schauen wir uns am späten Nachmittag nur von außen an und sind fast alleine hier. Somit können wir die Runde durch den Wald und den Park mit einer abendlichen Gassirunde verbinden.

Es gibt noch ein Feierabend-Bier in der benachbarten Gaststätte, Emma kocht uns ein warmes Abendessen und wir sind mit der etwas verkorksten zweiten Tageshälfte wieder versöhnt.

 

Ach ja , unser Kuckuck hat uns übrigens seit Zarnesti verlassen. Bei den Schlammvulkanen war er noch da....

Tagesetappe: 74 km


Man spricht Deutsch - zu Gast in Siebenbürgen