Albanien - fast schon eine Liebe auf den ersten Blick

Nun sind wir schon eine Woche in Albanien und dieses kleine Land überrascht uns auf ganzer Linie. Ich würde sagen, es ist fast schon eine Liebe auf den ersten Blick. Was uns hier Tag für Tag widerfährt, ist einfach unglaublich. Die Herzlichkeit der Menschen, von der wir vor unserer Reise schon einiges gehört hatten, ist tatsächlich unbeschreiblich und wir fühlen und fühlten uns vom ersten Tag an Willkommen. Vieles erinnert uns an unsere Marokko-Reise, wie etwa das orientalische Treiben in den Innenstädten, die Rufe des Muezzins von den Minaretten, der total chaotische Straßenverkehr, die krassen Gegensätze von Arm und Reich und leider auch der viele Müll, der sich in der wunderschönen Natur und am Strand häuft. Die Männer sitzen in den Cafés beim Kartenspiel und einem Mokka beisammen und doch ist es hier anders. Zu den Minaretten gesellen sich katholische und orthodoxe Kirchen, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit, ohne hinterher die Hand aufzuhalten bzw. uns das Gefühl zu geben, dass wir über den Tisch gezogen werden. Alles irgendwie entspannter und um es wieder mit unserem Daumen-Barometer zu sagen: es zeigt eindeutig nach oben 😉.

Doch nun will ich ein wenig von unseren ersten Erlebnissen berichten. Die haben gleich in Skhodra begonnen, wo wir mit Linda und ihrem Mann Frans zwei eindrucksvolle Persönlichkeiten kennenlernen konnten. Sie betreiben den Campingplatz mit einem Hotel, mehreren Chalets und einem Restaurant. Ein zauberhaftes und fast schon verwunschenes Reich mit einem Garten Eden, in dem ich mir vorkomme, wie Alice im Wunderland. Alles trägt die künstlerische Handschrift von Frans Nikaj, der das Anwesen seit etwa 20 Jahren aufgebaut und gestaltet hat. Ein Universalkünstler, der sowohl die Entwürfe als auch die Umsetzung macht. Ganz gleich, ob Holzschnitzereien, Mosaikarbeiten, Gemälde oder Glaskunst. Linda führt uns gerne durch ihr Reich, das momentan leider auch nur eingeschränkt in Betrieb ist. Doch dafür hat sie Zeit, uns einiges über sich, ihre Familie und die Zeit im Kommunismus zu erzählen. Und das ist mehr als beeindruckend. So konnte Frans als Sohn wohlhabender Fabrikanteneltern nicht studieren. Ein Onkel war Schriftsteller und besaß eine Druckerei, in der die ersten Broschüren in albanischer Sprache entstanden. Die intellektuelle Familie wurde enteignet, teilweise inhaftiert und bekam erst 1991 Teile ihres Besitzes zurück. Linda erzählt uns vom Hunger, den sie als Kind noch kennenlernte und wie ihre Mutter aus ihren eigenen Kleidern Röcke für die Töchter schneiderte. Etwas, das noch gar nicht lange zurückliegt und das uns wieder einmal vor Augen führt, wie dankbar wir sein müssen, im Westen geboren und aufgewachsen zu sein.

Dann noch ein paar Worte zum albanischen Straßenverkehr. Verkehrsregeln gibt es zwar, aber das sind reine Empfehlungen. Kein Mensch hält sich daran. Die Straße teilen sich Mensch und Tier, Radfahrer, Fußgänger, Ferraris und Pferdefuhrwerke. Auch auf der einzigen Autobahn kann es sein, dass Fahrzeuge auf dem Seitenstreifen in entgegengesetzter Richtung unterwegs sind. Es ist ein Abenteuer. Überholt wird zwar auf Teufel komm raus und an den unmöglichsten Stellen, aber niemand fährt aggressiv. Das Chaos funktioniert irgendwie.

Die Hauptstraßen sind in der Regel bislang ganz ordentlich, aber wir sind auch schon abseits der Hauptrouten unterwegs gewesen. Und da kann es passieren, dass man urplötzlich an einer kleinen, einspurigen Straße vor einer Brücke ohne Seitenbegrenzung rechts und links steht. Maximal 2,80 Meter breit und keine Angabe, wie viel das Brücklein aushält. Da bekommt die Beifahrerin schon mal leicht Schnappatmung. Hoffentlich bleibt der Mumin in der Spur, denn rechts und links sind nur wenige Zentimeter Platz.

Ein weiteres Schauspiel, das eigentlich nicht mit Worten zu beschreiben ist. Die Straße ist schmal, rechts ein kleiner Laden, links eine Bar, vor der einige Autos parken. Ein Auto steht jedoch mitten auf der Straße, ein Durchkommen mit unserem Mumin ist unmöglich. Vor dem Laden sind zwei Männer damit beschäftigt ein weiteres Auto zu beladen. Um uns kümmert sich niemand. Also bleiben wir einfach stehen. Es dauert nicht lange, dann kommen weitere Fahrzeuge, hinter uns will sich ein dicker Mercedes vorbeiquetschen. Tohuwabohu total mitten im Dorf. Und urplötzlich kommen aus der Bar 5-6 Männer, jeder guckt, gestikuliert, man versucht das störende Auto zu starten, sucht erst nach den Schlüsseln, Auto springt nicht an, ein zweiter Mann versucht sein Glück und dann schieben es alle mit vereinten Kräften aus dem Weg. Währenddessen wird auf dem Parkplatz vor der Bar auch noch hin und her manövriert, was das Chaos nur noch schlimmer macht. Wir schauen dem Treiben zu, dann ist der Weg frei. Alle freuen sich, lachen und winken uns freundlich. That’s Albania 😉

Solche und ähnliche Begegnungen gibt es ständig. Abends am Strand stoppt neben uns ein Jeep mit jungen Männern – Typ: Türsteher. Der Fahrer spricht uns in perfektem Deutsch an. Er ist auf Heimaturlaub, lebt und arbeitet aber in Duisburg und er freut sich wie Bolle, dass wir sein Land besuchen. Prompt folgt auch eine Einladung ins Haus seiner Familie zum Osteressen. Einfach so – was sagt man dazu? Angesichts von Corona lehnen wir schweren Herzens dankend ab. Zu gerne hätten wir diesen Einblick in die Lebenswelt der Albaner wahrgenommen, doch das ist uns im Moment ein wenig zu heikel.  

 

Und ansonsten haben wir schon ein wenig Sightseeing betrieben, die Küste und eine erste Burg besucht, den Nationalhelden Skanderbeg kennengelernt und hervorragende, albanische Küche genossen. In diesem Sinne, bleibt gesund und passt auf euch auf, wo immer ihr gerade seid.


Und hier geht's zur Fortsetzung unserer Albanien-Erlebnisse


Kommentare: 1
  • #1

    goldfish (Samstag, 10 April 2021 11:02)

    Hi ihr Lieben,
    macht Spaß mit Euch zu "fahren".
    weiter so und bleibt gesund

    Gruss
    goldfish