Lost in Sighisoara - oder: ein Paradebeispiel rumänischer Gastfreundlichkeit

Sighisoara - oder auf deutsch: Schässburg - wird auch das Rothenburg ob der Tauber Rumäniens genannt. Zurecht, den die mittelalterliche Kulisse der Stadt ist mehr als beeindruckend. Wir machen uns also auf den Weg zu einer ersten Stadterkundung. Die vielen verwinkelten Gassen und Türme sind wirklich pittoresk. Wir steigen hinauf zur Bergkirche, lassen uns treiben und genießen schließlich in der Unterstadt in der "Alten Post" noch eine formidable Grillplatte. Zurück am Campingplatz muss Frank feststellen, dass die Reparatur mit den gekauften Schrauben und Muttern nicht funktioniert. Die Gewinde sind ausgerissen. Shit happens. Nun ist erstmal guter Rat teuer. Wir beschließen, morgen früh zu dem netten und sehr gut Deutsch sprechenden Eisenwarenhändler zu fahren. Eventuell kann er uns ja an eine Schlosserei/Werkstatt weiter vermitteln.

Abenteuer Werkstattsuche

Wie geplant sind wir heute zeitig auf den Beinen, um uns auf die Suche nach einer Werkstatt zu machen. Mit dem abgerissenen Rahmen können wir nämlich nicht weiter fahren. Beim Eisenwarenhändler bekommen wir den Tipp zu einer nahe gelegenen Autowerkstatt. Noch auf dem Parkplatz spricht uns ein netter Mann namens Hans an. Selbst Offroad-Fahrer, dem unser Mumin sofort ins Auge gefallen ist, gibt uns seine Telefonnummer für den Fall, dass wir weitere Hilfe benötigen sollten. Was sagt man dazu ;)))

Die Werkstatt finden wir schnell und der Seniorchef schaut sich die Sache mal an. Dann spricht er mit einem seiner Mitarbeiter. Auch der schaut sich das Problem an, geht auf die Suche nach dem passenden Werkzeug und verspricht uns, morgen früh (Samstag) um 8 Uhr zu kommen und das Ganze mit einer neuen Verschraubung zu lösen. Ach ihr lieben Rumänen - ihr seid die Meister der Improvisation. Warum hege ich zu keinem Zeitpunkt Zweifel, dass wir hier alles gelöst bekommen???

Noch als Frank das Führerhaus wieder an Ort und Stelle positioniert, fragt uns ein weiterer junger Mann, ob er uns helfen könne. Es ist schier unglaublich, wie viel spontane Unterstützung wir heute erfahren!!!

 

Also haben wir heute Zwangspause in Sighisoara und checken wieder auf dem Campingplatz ein. Diese Pause nutzen wir, um nochmals durch die Stadt zu bummeln, kaufen Baumstritzel-Kuchen, erledigen Hausputz (Frank) und bringen den Reiseblog ein wenig auf Vordermann (Ulli).

Gegen Abend geht es nochmals in Richtung Altstadt. Hier steigt heute ein Stadtfest, auf dem neben Jahrmarktsrummel auch jede Menge Grillfleisch auf Abnehmer warten.

Nachdem wir uns mit einer Riesen-Portion Hackfleisch-Rollen, Grillkäse und Fleischspieß gestärkt haben, bekommen wir noch diverse Folklore-Aufführungen zu sehen. Besonders anrührend ist eine wirklich alte, kleine Frau, die mich irgendwie an die Illustration der "Kleinen Hexe" von Otfried Preußler erinnert. Sie schaut den Aufführungen ebenfalls zu und wippt im Takt der Musik. Es ist wirklich berührend, dieses bescheidene, alte Weiblein zu beobachten.

Wir machen uns auf den Weg zurück und gehen bald ins Bett, denn morgen früh klingelt wieder mal der Wecker.


Alles wird gut in Sighisoara

Kurz vor 8 Uhr stehen wir heute vor der Werkstatt in Sighisoara. Auch der Mechaniker ist an diesem Samstag pünktlich zur Stelle und während die Männer am Werkeln sind, erledige ich noch ein paar Einkäufe im nahe gelegenen Lidl-Markt. Er ist nagelneu und hat Dimensionen, die ich in Deutschland noch nicht gesehen habe. Er ist einfach nur RIESIG.

Als zweites Frühstück gibt es also Pain de Chocolat. Der Seniorchef der Werkstatt und sein Schulfreund aus Deutschland - beide Herren Mitte der 70 - halten eine Plausch mit uns auf dem Werkstatthof. Diese gehörte einst der Familie des Freundes aus Deutschland, die als Siebenbürger-Sachsen von den Kommunisten enteignet wurden. Die beiden erzählen, wie schwierig es war, als Siebenbürger im Kommunismus eine weiterführende Schule zu besuchen, wie die Zeiten damals waren, wer enteignet wurde, wer das Land verlassen musste und wie die leer stehenden Häuser neu "zwangsbesiedelt" wurden. Es ist interessant den beiden Senioren zuzuhören und Einblicke in die Geschichte des Landes aus der Sicht direkt Betroffener zu bekommen. So vergeht die Wartezeit wie im Fluge und nach zwei Stunden hat unser Mechaniker "feddisch". Der Rahmen im Durchstieg zwischen Führerhaus und Wohnkabine ist wie neu.

Die Überraschung kommt, als Frank bezahlen möchte. Der Chef meint, es wäre ihm ein Vergnügen gewesen und er wünscht uns eine gute Weiterfahrt. Der Mechaniker bekommt von uns trotzdem 100 Lei und wir ziehen glücklich von dannen. Eine wirklich schöne Erfahrung rumänischer Gastfreundschaft und Improvisation!


Noch eine Kirchenburg und Weiterfahrt nach Sibiu (Hermannstadt)

Unser nächster Stopp ist noch eine Kirchenburg. Die von Biertan - ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe und ehemaliger Bischofssitz der evangelischen Kirche von Siebenbürgen. Wir schauen uns diese eindrucksvolle Anlage und das Dorf an, trinken noch Kaffee am zentralen Platz und weiter geht es nach Sibiu (Hermannstadt). Wir kämpfen uns durch die City mit vielen Einbahnstraßen und wollen eigentlich den Parkplatz am Zoo bzw. dem größten Freilichtmuseum Rumäniens ansteuern. Doch der liegt direkt an einer stark befahrenen Straße. Eine Übernachtung scheidet somit aus und wir fahren weiter zum Campingplatz "Ananas" in Cisnadioara (Michelsberg). Unter deutscher Leitung stehen in einer idyllischen Landschaft dann auch fast ausschließlich deutsche Wohnmobile. Darunter ein Expeditionsmobil aus Österreich. Lage und Platz sind wunderschön, haben dann aber auch ihren Preis. Mit 92 Lei (fast 20 Euro) ist das unser bislang teuerster Campingplatz in Rumänien.

Wir harren einen Regenguss aus, kochen lecker (vegetarisch) zu Abend und bekommen noch einige hilfreiche Tipps von den beiden Globetrottern aus Österreich.


Tagesetappe: 120 km


Noch eine Stadt zum Verlieben - Sibiu (Hermannstadt)