So lange du lebst, ist es niemals zu spät,

dir neue Ziele zu setzen oder

einen neuen Traum zu träumen.

Kultur-Highlights auf dem Weg in Richtung Madrid

Nach zwei eindrucksvollen „Arbeitswochen“ in Spanien gönnen wir uns gerade eine kleine Auszeit auf einem sehr ruhigen Campingplatz bei Cuenca. Die Recherchen zum westlichen Teil unseres Spanien-Reiseführers sind fertig und nun müssen wir ein wenig Dokumentationsarbeit leisten. Zudem sind Hausputz und Wäschewaschen angesagt. Auf Neudeutsch heißt das wohl Maintenance-Days, auf gut Schwäbisch: Kehrwoche 😉

 

Wie auch immer, es wird höchste Zeit, unsere Erlebnisse auch hier ein wenig festzuhalten. Der erste Teil unserer Reise bestand vor allem aus kulturellen Highlights. Überrascht hat uns dabei gleich zu Beginn die Stadt Palencia. Wir hatten sie gar nicht so richtig auf dem Radar, doch dann entdecken wir dort eine alte Wasserstraße. Den Canal de Castillo. Er wurde einst angelegt, um den Weizentransport aus der Kornkammer Kastiliens an die Häfen Nordspaniens zu gewährleisten. Doch dann kam der Bau der Eisenbahn und der Kanal hatte nie die ihm zugedachte Funktion. Er gilt jedoch als Meisterwerk der Wasserbau-Ingenieurskunst. Heute dient er Freizeitkapitänen und auf den Treidelpfaden lässt es sich vortrefflich wandern und Rad fahren. Wer braucht schon den Canal du Midi 😉

Die angrenzenden Feuchtgebiete sind zu Naturschutzgebieten ausgewiesen und ein Paradies für Vogelbeobachtungen. Mit der Feuchtigkeit ist es nach dem langen, trockenen Sommer nicht allzu weit her und wir suchen die Lagunas vergeblich. Stattdessen stehen wir vor einem Meer aus Schilf und werden überraschend zu Zeugen einer Beringungs-Aktion der Vogelschützer. Frank darf selbst Hand anlegen und dem Vögelchen einen Ring ans zarte Beinchen heften. Ein unglaubliches Gefühl, dieses zerbrechliche Wesen in Händen zu halten. Und es dann wieder in die Freiheit zu entlassen. Toll!


Burgen-Hopping in Kastilien und León

Dann geht es weiter zu den stattlichen Burgen, von denen es in Kastilien und León tatsächlich einige gibt. In unterschiedlichen Erhaltungszuständen. Mal bereits verfallen und nur noch als Ruine zu erahnen, dann wieder schmuck renoviert, wiederaufgebaut und eindrucksvoll in Szene gesetzt. Ein Fest für Mittelalterfans.

Ein schönes Erlebnis haben wir in der Burg von Ampudia. Sie hat eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich und ist heute in Privatbesitz. Ein wohlhabender Fabrikant hat die Burg vor dem Verfall gerettet, restauriert und mit einem Sammelsurium verschiedenster Einrichtungsgegenstände und Sammlungen bestückt. Wir standen dort eigentlich vor verschlossenen Toren, doch dann öffnet sich das mächtige Holzportal hinter der Zugbrücke und eine freundliche junge Dame lässt uns ein. In perfektem Englisch erzählt sie uns aus der spannenden Geschichte der Burg, erklärt die Bauweise und die Besonderheiten der Region. So wurde die einstige Wehrburg unter König Philipp III. zum Lustschlösschen für royale Partys ausgebaut und hier soll der Beschluss ausgehandelt worden sein, die Hauptstadt von Valladolid nach Madrid zu verlegen. Auch als Filmkulisse diente das Bauwerk schon. Schön war’s und wir behalten diesen Besuch in guter Erinnerung.

Damit sind wir nun unterwegs auf den royalen Spuren der spanischen Geschichte. Bei unseren Fahrten über die Hochebene Kastiliens können wir uns bildhaft vorstellen, wie die Adligen und Ritter damals über karges Land, durch Hitze und Kälte, Sturm und Sonne von Burg zu Burg und von Residenz zu Residenz zogen. Hatten wir eigentlich befürchtet, dass Spanien nach dem langen, trockenen Sommer ein trostloses, verdorrtes Bild abgibt, so werden wir nun positiv überrascht. Zwar sind die riesigen Getreidefelder abgeerntet, die ebenfalls riesigen Sonnenblumenfelder sehen tatsächlich etwas traurig aus. Doch die Kontraste zwischen den gelben Stoppelfeldern, grünen Steineichen, roter Erde und blauem Himmel sind berauschend schön. Ein Farbenspiel aus Erdtönen, wie es abwechslungsreicher nicht sein könnte. Auf den Feldern gleichen die aufgestapelten Strohballen den Burgen auf den Bergen.

Eine nette Begegnung haben wir dann wieder in Coca auf einem wunderschönen, ruhigen Campingplatz inmitten eines Pinienwaldes. Dort genehmigen wir uns eine erste kleine Auszeit, um unsere Buchführung ein wenig auf Vordermann zu bringen. Der Platz wird von einem jungen Paar geführt und ist – nach den eher charmefreien Stellplätzen der letzten Tage – eine richtige Erholung. Liebevoll angelegt, gepflegt und mit einer kleinen Bar, in der wir abends köstliche Tapas mit einem Glas Wein genießen können. Formidable. Dort müssen wir auch unsere Routenplanung ein wenig umstellen. Von David, dem Chef des Platzes erfahren wir, dass am ersten Septemberwochenende in Avíla ein riesiges – und zwar wirklich RIESIGES – Mittelalterfestival stattfindet. Mit Heerlagern, Schaukämpfen zwischen Mauren und Christen, Ross und Reitern, Schall und Rauch. Nicht so wirklich unser Plan, uns da hineinzustürzen. Zumal dieser Mittelalter-Hype nicht unser Ding ist. Wir sind ganz froh, im Hier und Jetzt zu leben.

Also ziehen wir die Stadt Segovia mit ihrem spektakulären Aquädukt vor, schauen uns danach Avíla an und ziehen von einer königlichen Residenz zur nächsten. Paläste, Kathedralen, Klöster, Jagdschlösser und zuletzt das Versailles von Spanien – San Ildefonso. Es ist tatsächlich eine Kopie des französischen Vorbildes und wir flanieren dort durch ausgedehnte Parks mit einer Fülle von Brunnen und Wasserspielen. Leider sind diese – nicht zuletzt wegen der Trockenheit – nur eingeschränkt zu bestimmten Zeiten in Betrieb. Doch das war auch im „richtigen“ Versailles der Fall. So oder so fühlen wir uns zudem an Schloss Schönbrunn bei Wien erinnert. Die Schönen und Reichen von damals hatten doch einen ähnlichen Geschmack 😉

San Ildefonso liegt bereits zu Füßen der Hausberge Madrids, der Sierra de Guadarrama. Ein Nationalparkgebiet, in dem wir einige Wandertouren unternehmen wollten. So der Plan. Blöd, dass dieser Plan ausgerechnet auf ein schönes Wochenende fällt, an dem die Sierra von den Madrilenen platt gemacht wird. Wanderer, Ausflügler, Rad- und Motorradfahrer…. alles ist dann auf den Beinen bzw. Rädern. Im Winter kommen die Skifahrer dazu, denn hier gibt es einige Pisten und Lifte.

Wir lassen uns nicht beirren, es ist ja erst Freitag, und steuern einen Großparkplatz an, der am Ausgangspunkt zu unserer geplanten Wanderung liegt und auch übernachtungstauglich ist. Letzteres ist innerhalb des Nationalparkes nämlich nicht überall gestattet. Der Mumin findet auch reichlich Platz. Was uns stutzig macht, ist der Parkplatzwächter, der uns zwei Mal „umparkt“. Im Nationalpark-Center holen wir uns die nötigen Informationen und erfahren so nebenbei, dass hier am Samstag von 14 bis 17 Uhr eine Radsportveranstaltung stattfindet. Ok – wir wollen ja nur wandern.

Gegen Abend kommt ein Ranger der Parkverwaltung vorbei und parkt uns erneut um. Zudem füllt sich der Parkplatz zunehmend mit Vans, Wohnmobilen, Linern… Ruckzuck ist alles voll und wir hoffnungslos eingeparkt. Selbst wenn wir wollten, hier kommen wir so schnell nicht mehr weg. Zum Glück stehen wir neben einer supernetten spanischen Familie, die uns aufklärt. Morgen findet hier die berühmte Vuelta statt. Neben der Giro d`Italia und der Tour de France eines der wichtigsten Radrennen, das sich über drei Wochen erstreckt. Die Vuelta 2022 startete in Utrecht (NL) und endet genau an diesem Wochenende in Madrid. Und wir Radsport-Dummies mittendrin. Tja – dann harren wir mal der Dinge.

Am nächsten Morgen treten wir unsere Wanderung wie geplant an. Die beste Entscheidung, denn die Zufahrtsstraßen sind bereits gesperrt. Unten tummeln sich die Hobbyradler, die den Profis nacheifern und die Strecke über die Pässe schon mal abfahren. Sprich: wir haben die Wanderwege für uns allein und können tatsächlich die Einsamkeit der Bergwelt in vollen Zügen genießen.

Am Nachmittag sind wir wieder zurück beim Mumin und mischen uns nun unter die Zaungäste der Vuelta. Echt ein spannendes Erlebnis, den Tross aus Merchandising und Begleitfahrzeugen, Motorrädern mit Kameraleuten, Helikoptern und Security zu beobachten. Ach ja – dazwischen waren dann auch die Radfahrer, die an diesem Tag die wohl alles entscheidende, letzte Bergetappen hinter sich brachten. Ob deutsche Radler dabei waren, konnten wir nicht herausfinden. Die Fans um uns herum waren mit Ausnahme eines belgischen Paares allesamt Spanier.

Den Abend verbrachten wir dann noch bei Bier und Wein und schönen Gesprächen mit unseren spanischen Nachbarn Oljana und Pablito, von denen wir auch viele hilfreiche Informationen und Tipps zu unserer Weiterreise bekamen. Vielen Dank und Muchas Gracias euch beiden für den schönen Abend!

Am nächsten Morgen sind die Radsportfans von dannen gezogen, doch noch während wir beim Frühstück sitzen, füllt sich der Platz mit Tagesausflüglern, die in Scharen hinauf in die Berge pilgern. Wieder sind wir eingeparkt, doch gegen Mittag lichten sich die Reihen bereits und wir können auf die Südseite der Sierra de Guadarrama umziehen. Dort erwandern wir montags nochmals in völliger Einsamkeit eine wunderschöne Bergregion mit blankpolierten, bizarren Granitfels-Formationen. Geiersichtung inklusive!

Ja, rund 50 Kilometer nördlich von Madrid sind wir nun durch mit dem ersten Teil unserer Recherche. Von dort ging es rund 200 Kilometer in Richtung Osten nach Cuenca, wo wir nun den Faden für den zweiten Teil aufnehmen. Die geballte Ladung Kultur liegt hinter uns und wir wollen hier noch einige Natur-Highlights erkunden. Fortsetzung folgt.



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