Es ist besser man hat keine Erwartungen an nichts und niemanden.

Denn wenn man nie etwas erwartet,

wird man auch von nichts und niemandem enttäuscht.

@mared.officiall

Spanien Spätsommerreise 2022 - Teil 2

Nach unseren Haushalts- und Arbeitstagen auf dem Campingplatz bei Cuenca geht es auch ein bisschen erholt weiter zum zweiten Teil unserer Spanien-Spätsommertour. So eine kleine Auszeit tut zwischendurch immer wieder ganz gut, um die bisherigen Eindrücke sacken zu lassen und sich auf Neues vorzubereiten.

 Unsere Reiserichtung führt uns nun so grob wieder in Richtung Norden. Einen Teil der Route sind wir zwar bereits im Frühjahr gefahren, doch damals bei denkbar schlechten Wetterverhältnissen. Insofern sind wir nun ganz froh darum, die spektakuläre Naturlandschaft im Norden Cuencas bei Sonnenschein zu erleben. Jetzt sind nicht nur bessere Fotos möglich, sondern wir können auch die Wanderstiefel schnüren. Dabei stoße ich – Ulli – doch etwas an meine Grenzen. Unsere „Geier-Wanderung“ ist nix für Menschen mit Höhenangst…. Aber ich war tapfer und bin wohlbehalten wieder an unserem Mumin angekommen.

Waren es im ersten Teil unsere Reise die kulturellen Highlights, die uns geflasht haben, so ist es jetzt die Natur. Spektakuläre Wasserfälle, tiefe Canyons, bizarre Felsformationen und immer wieder die Geier, die in großer Zahl über uns hinweggleiten.

So kommen wir irgendwann doch wieder in belebtere Gefilde und landen im Städtchen Molina de Aragón. Hatten wir gar nicht so richtig auf dem Radar, aber es gibt einen Stellplatz, wir müssen einkaufen und der Tag geht auch zur Neige. Dann biegen wir um eine Kurve und vor uns liegt die spektakuläre Kulisse der Stadt. Wir dachten ja, Avila wäre  schon ziemlich cool. Aber das hier toppt es fast noch. Also wird nach dem Einkauf noch der Fotoapparat geschnappt und wir erkunden dieses Kleinod in the middle of nowhere.

Zu unserer großen Überraschung gesellt sich noch ein deutsches Wohnmobil zu uns. Auf unserer bisherigen Tour haben wir bislang so gut wie keine ausländischen Touristen getroffen. Einzig auf dem Campingplatz in Cuenca war eine niederländische Wohnwagen-Reisegruppe unterwegs. Aber die trifft man ja nahezu überall auf der Welt 😉 Insofern ist es ganz nett, mal wieder deutsche Klänge zu hören. Genauer gesagt schwäbische. Maria und Ben sind aus dem Ländle, leben aber schon viele Jahre in Köln. Wir verbringen einen netten gemeinsamen Abend bei schönen Gesprächen und etwas zu viel Bier und Wein 😉

Weiter geht’s durch die einsamen Landschaften Kastilien und Leóns. Die Weite ist wieder einmal mehr als beeindruckend. Siedlungen und Dörfer sucht man vergeblich und oft fahren wir kilometerweit, ohne auch nur einer Menschenseele zu begegnen. Der Wahl-Kölner Ben würde sagen: Ne jottverlassene Jejend. Und doch begeistern uns die abwechslungsreichen Landschaften. Mal ist es eine weite Hochebene mit riesigen Getreidefeldern, mal sind es Wälder und hügelige Landschaften, die uns an den Schwarzwald erinnern. Dann wieder schroffe, karge Felscanyons. Wir entdecken einen See, in dem jetzt im Sommer – fernab jeglicher Meeresküste – Flamingos zu sehen sind. Im Herbst/Winter ist dies Europas größter Rastplatz für Kraniche. Die lassen freilich Mitte September noch auf sich warten.

Dann kommen wir in die Region der sogenannten Mudéjar-Städte. Dieser Architekturstil wurden von Arabern abgeguckt. Nach der Rückeroberung der maurischen Gebiete im Mittelalter ließen die christlichen Herrscher auf den Moscheen Kirchen erbauen, erhoben die arabischen Festungen und Paläste zu Königssitzen und kopierten die Verzierungs- und Handwerkskunst der Mauren. Ziemlich einzigartig in Spanien und wunderschön. Eine dieser Mudéjar-Städte ist Calatayud. UNESCO-gekürt mit Kirchen, Türmen, einer römischen Ausgrabungsstätte und der ältesten, noch in Resten erhaltenen maurischen Festungsanlage Spaniens. Gründe genug, sich das mal genauer anzuschauen. Doch die  Altstadt von Calatayud hinterlässt uns ziemlich sprachlos. Fast fragen wir uns, ob hier unlängst ein Krieg gewütet hat. Alte, marode Wohnhäuser, vom Einsturz bedroht, verlassene Läden, geschlossene Bars und Cafés. Dazwischen abgestützte Häuserwände, alles irgendwie schief und krumm. Die Baufälligkeit ist allgegenwärtig und ein riesiges Plakat am Rathaus verspricht so etwas wie Altstadtsanierung. Scheint eine Herkulesaufgabe zu werden. Wie wir später noch herausfinden, ist die Altstadt von massiven Bodenabsenkungen betroffen. Viele Eigentümer haben deshalb ihre Häuser verlassen und sind an den Stadtrand in neue Wohnsiedlungen gezogen. Es bleibt also nur zu hoffen, dass es gelingt, den Verfall abzuwenden.

Eine nette Begegnung haben wir hier auch. Der WOMO-Stellplatz liegt mitten im Zentrum mit – für unseren Mumin etwas engen – Zufahrtswegen. Da taucht die Polizei auf und fährt vor uns her.  Wir bekommen bereits ein wenig Schnappatmung, doch sie geleiten uns zum Stellplatz und verwickeln Frank noch in ein nettes Gespräch. Schönes Fahrzeug, alles prima !!! Polizei kann auch in Spanien dein Freund und Helfer sein.

Auf unserem Weg weiter in Richtung Norden kommen wir erstmals auf unserer Reise in die Gebiete, in denen im Sommer verheerende Waldbrände gewütet haben. Ganze Berghänge voller verkohlter Bäume, verbrannte Erde, in der Luft immer noch der Geruch von Ruß und Rauch. Wir passieren eine abgebrannte Fabrik und beschädigte Bauernhäuser. Wie durch ein Wunder sprießt dazwischen schon wieder zartes Grün. Auch ein Apfelbaum hat das Inferno überstanden. Auf ihm warten die roten Früchte auf die Ernte, während um ihn herum alles verbrannt ist. Ein kleines Zeichen der Hoffnung in einer trostlosen und erschreckenden Szenerie, die sich über etliche Kilometer zieht.

Ja dann sind wir auch wieder dort angelangt, wo unsere Reise im Frühsommer endete. Die Halbwüste Bardenas Reales zieht uns noch einmal in ihren Bann. Wir fahren nicht mehr die komplette Runde, doch auch diesmal sind wir von der grandiosen Landschaft einfach nur geflasht. Das Licht ist ein ganz anderes, der bedeckte Himmel sorgt fast schon für eine dramatische Stimmung. Aber auch das hat seinen Reiz und wir erliegen erneut der Faszination Wüste.

Wir verlassen die Bardenas in Richtung Norden und finden im Dörfchen Layana einen wunderschönen Stellplatz am Stadtrand in Aussichtslage. Total ruhig neben einem soziokulturellen Zentrum, in dem es eine kleine Bar für das Feierabendbier gibt. Sehr praktisch. Das Zentrum ist eine Art Begegnungsstätte für das ganz Dorf. Hier trifft man sich zum Kaffee oder Bier, hier tagt ein kleines Festkomitee, der Pfarrer schaut vorbei und die Rentner spielen Karten. Begleitet von einem Western, der über den TV-Bildschirm flimmert. Und wir mittendrin. Mehr Spanien geht nicht.

Auf unserem weiteren Weg in Richtung Pyrenäen-Überquerung kommen wir tatsächlich noch an einem der schönsten Dörfer Spaniens vorbei. Sos del Rey Católico - so der Name. Den Namenszusatz erhielt das 600-Seelen-Dörfchen in den Pyrenäenausläufern, weil hier Fernando II. geboren wurde. Seines Zeichens nach der Heirat mit Isabella von Kastilien König von Aragón und später mit seiner Ehefrau die sogannten "Katholischen Könige". Unter ihrer Herrschaft erlangte Spanien seine Blütezeit. Christoph Kolumbus entdeckte Amerika, die Mauren wurden bei Granada besiegt und die Inquisition mit der Vertreibung von Mauren und Juden in die Wege geleitet. Ob das immer so eine glückliche Epoche war? Wie auch immer - das Dörfchen erinnert uns tatsächlich an das französische Gordes. Aufgeräumt, herausgeputzt und blumengeschmückt. Nur ein wenig verschlafen, als wir da waren.

Dann neigt sich unsere Zeit in Spanien auch schon ihrem Ende zu. Wir sind schneller mit unserer Recherche fertig als gedacht, aber wir sind nun auch ein wenig im Zeitdruck. Ende Oktober soll das erste von zwei Spanien-Büchern druckfertig abgeliefert sein. Zum Glück haben wir unser Homeoffice dabei und arbeiten bereits fleißig an Karten, Texten und dem Layout. Insofern brettern wir jetzt nicht nach Hause, sondern suchen noch nach einem schönen Heim-Reise-Weg. Und dafür müssen wir die Pyrenäen überqueren. Fragt sich nur, wo 😉 Fortsetzung folgt.



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