Slowakei Woche 5 - Auf geht's ins Land der Holzkirchen

Nach unserem Abenteuer in der Hohen Tatra sind wir weiter gezogen gen Osten. Inzwischen sind wir schon fast am Dreiländer-Eck Slowakei-Polen-Ukraine angelangt und die Region mutet zunehmend osteuropäisch an.

Zunächst aber ein kurzer Blick auf die zurückliegende Woche, die uns wieder einige schöne Erlebnisse beschert hat.

 

Von der Hohen Tatra aus sind wir in die Region Zips weitergefahren. Ein unerwartetes Highlight erlebten wir dabei in der Stadt Kežmarok. Eigentlich wollen wir hier nur einen Einkaufsstopp einlegen und Frank möchte sich nach einem Frisör umschauen. Doch bereits auf dem Weg zum Einkaufzentrum kommen wir an einigen eindrucksvollen Bauwerken vorbei, so dass wir genauer in unserem Reiseführer blättern und nach dem Einkauf direkt ins Städtle gehen. Neben einer hölzernen UNESCO-Artikularkirche, einer Burg und einer evangelischen Kirche, die uns eher an ein byzantinisch-orientalisches Bauwerk erinnert, hinterlässt der Besuch in der Bibliothek des evangelischen Lyzeums einen bleibenden Eindruck bei uns.

 Beim Stichwort Bibliothek werde ich grundsätzlich hellhörig und somit muss ich einfach hinter die unscheinbare Tür blicken. Drinnen empfängt uns die Bibliothekarin in perfektem Deutsch, kassiert einen kleinen Obolus und dann öffnet sie uns ihre Schatzkammern. Wo wir uns hier befinden, das ist die größte Schulbibliothek Mitteleuropas mit mehr als 150.000 Bänden und teilweise sehr wertvollen Originalhandschriften aus dem 14./15. Jahrhundert. Darunter auch eine Chronik der Stadt Köln und ein Ständeverzeichnis der Stadt Augsburg. Wie kommen diese Schätze ausgerechnet nach Kežmarok? Die Bibliothekarin erklärt uns, dass in der Region Zips ein internationales Völkergemisch lebte, darunter viele Deutsche. Und sie drückten hier die Schulbank. Als Dank kamen die wertvollen Handschriften und Bücher durch Nachlässe und Schenkungen zurück in die Stadt. Den Super-GAU erlebte die Bibliothek nach dem 2. Weltkrieg, als 1945 sowjetische Truppen die deutschen Werke vernichten wollten und aus den Regalen auf den Boden warfen. Nur einem Zufall war es zu verdanken, dass die Bücher nicht verbrannt wurden. Aber sie lagen während der sozialistischen Herrschaft wild verstreut über 50 Jahre in den Räumen herum. Der örtliche Pfarrer, ein Bibliothekar und einige Helfer begannen hinter verschlossenen Türen mit der Sortierung und Katalogisierung der Werke, so dass die Schätze erhalten blieben. Eine eindrückliche und bewegenden Führung mit einer eindrucksvollen Frau, die wir da bekamen. Leider ohne Bilder, da Fotografieren in den Räumen verboten ist.

 

Am Fluss Dunajec im Pieniny-Nationalpark verbringen wir einige ruhige Tage, um Hausarbeit zu erledigen, Fahrrad zu fahren und einfach mal nix zu tun. Die hier obligatorische Floßfahrt haben wir bereits im Rahmen unserer Jungfern-Tour mit dem Mumin im Mai 2017 unternommen, als wir die Region von polnischer Seite her erkundeten. Und somit bleibt uns jetzt nur, hier wieder einige Male die leckeren Forellen zu essen.

 

Und damit wären wir auch bei den kulinarischen Genüssen der Slowakei. Die Küche hier ziemlich deftig und herzhaft. Besonders lecker sind die Brimsen mit Speck. Eine Art Kässpätzle, allerdings sind die Spätzle aus einem Kartoffelteig und der Käse ist Schafskäse. Hat null Kalorien, schmeckt aber super lecker 😉

 

Dann gibt’s hier auch Maultaschen, die jedoch Piroggi heißen. Auch hier ist der Teig ein Kartoffelteig und die Füllung besteht aus einer Art Frischkäse. Eine Besonderheit sind die Goralen-Piroggi. Das sind mit Käse gefüllte Kartoffelplätzchen. Lecker sind auch die Kartoffelpuffer mit Sauerrahm und Speck. Nicht zu vergessen natürlich die Langose - eine Anleihe an die ungarische Küche. Die Hefeteig-Fladen sind im schwimmenden Fett herausgebacken und dick mit Sauerrahm, Käse, Knoblauch und Kräutern belegt. Die Slowaken kippen gerne auch mal Ketchup  darüber, worauf wir jedoch gerne verzichten können.

 

Beim Fleisch geht es herzhaft zu. Häufig kommt Schweinefleisch oder Gulasch auf den Tisch. Und zu allen Mahlzeiten gibt’s eine Suppe, die oft so reichhaltig ist, dass sie eine Mahlzeit ersetzt. Lieblingssuppe ist eine Knoblauchsuppe mit gerösteten Brotwürfeln. Vertreibt garantiert jeden Vampir und tötet alle Corona-Viren.

 

Hinterher dann einen leckeren Demärovka-Kräuterlikör. Der ist Balsam für Magen und Seele 😉

 

Nach den Entspannungstagen am Dunajec sind wir nun in kleinen Etappen weiter Richtung Osten gezogen. Wir haben wieder zwei altehrwürdige Kurorte, zwei Freilichtmuseen, ein schönes Städtle und eine Burg besucht.  Eine Übernachtung im ältesten Kurort der Slowakei, in Bardejovske kúpele kommt uns aus eigener Dummheit dann teuer zu stehen. Wir erreichen den Ort am frühen Nachmittag und die Zufahrtsstraße endet an einem großen, gebührenpflichtigen Parkplatz. Wir stellen den Mumin ab und schauen uns den Ort näher an. Zunächst eher wenig einladend, mit Beton-Bauten des Sozialismus von eher fragwürdigem Charme, stehen hier auch prunkvolle Jugendstil-Residenzen, die vom Glanz vergangener Zeiten künden. Etliche gekrönte Häupter, darunter Kaiserin Sisi, fanden schon Linderung von ihren Leiden. Heute herrscht eher Tango-statt-Fango-Atmosphäre und wir genehmigen uns ein Feierabend-Bier in der Abendsonne. Zurück am Mumin beschließen wir, hier auf dem zwar uncharmanten, aber zweckmäßigen Parkplatz die Nacht zu verbringen. 24 Stunden für 5 Euro klingt auch ok.

 

Das böse Erwachen dann am nächsten Morgen. Statt 5 Euro will der Automat satte 30 Euro von uns. Ein Slowake, den Frank etwas hilflos um Rat fragt, zeigt uns das Kleingedruckte auf der Parkordnung. Demnach sind wir als Bus eingestuft und die 5 Euro gelten nur für PKWs….. Damit ist dies die teuerste Nacht, die wir bislang in der Slowakei verbracht haben. Und laut war’s noch dazu. Für die nächsten Tage ist das Feierabendbier gestrichen.

 

Die Weiterfahrt nach Osten ist nun auch wie ein Sprung in eine andere Welt. Waren wir bislang sehr überrascht von der westlichen Prägung der Slowakei, so wird es nun deutlich osteuropäischer. Die Architektur der Häuser, die etwas ärmlicher aber gepflegt wirken, die glänzenden Zwiebeltürme der Kirchen, die etwas rumpligen Straßen – all das erinnert uns zunehmend an Rumänien. Auch die Ortsschilder sind nun zweisprachig in Slowakisch und mit kyrillischen Buchstaben – vermutlich Ukrainisch.  Die Landschaft ist sehr waldreich, hügelig und nur dünn besiedelt. Auch das Freilichtmuseum der Ruthenen – einem alten Karpatenvolk - ist zwar schön aufgemacht, insgesamt jedoch weitaus weniger herausgeputzt als die Besuchermagnete in der Mitte der Slowakei. Anscheinend versickern die Gelder aus Bratislava auf dem Weg in den Osten bzw. werden einfach anders verteilt.

Ja und dann kommt, worauf wir eigentlich schon lange gewartet haben: wir rücken mit unserem Mumin mal wieder ins Visier der Polizei. Wir sind auf dem Weg zum Dukla-Pass. Ein Höhenzug zwischen Polen und der Slowakei. Einst lieferten sich hier in den Weltkriegen die Völker erbitterte Schlachten mit Tausenden von Toten. Soldatenfriedhöfe und Mahnmale erinnern an das sinnlose Morden.

Zugleich verläuft hier heute eine der Hauptverbindungsstraßen zwischen der Slowakei und Polen mit sehr viel Schwerlastverkehr. Auf dem Weg kommen wir mehrmals an Polizeistreifen vorbei, aber niemand will etwas von uns. Kurz vor der polnischen Grenze dann ein Déja-Vu, als uns plötzlich ziemlich rasant ein Polizeiauto überholt, vor uns einschert und langsamer wird. Wir müssen sofort an den Abzocker-Versuch in Spanien denken, halten Abstand und kurz vor einer Haltebucht kommt, was kommen muss. Vor uns signalisiert die Streife sehr deutlich, dass wir folgen und anhalten sollen. Ok – das ist diesmal eine klare Ansage.

 

Der nette Herr fordert die Papiere, Führerschein, Fahrzeugdokumente, Ausweis. Alles ok. Dann beginnt die Maut-Diskussion. Wir hätten keine Maut-Box. Brauchen wir nicht, weil wir ein Campingcar sind. Touristen, kein Truck. Der Herr spricht deutsch, versteht uns, will aber ins Fahrzeug schauen. Auch das darf er und er überzeugt sich mit eigenen Augen, dass wir tatsächlich ein Campingcar sind. Trotzdem meint er, dass wir eine Mautbox bräuchten. Zum Glück habe ich zuhause den Schriftwechsel mit der slowakischen Mautbehörde ausgedruckt, in der uns bestätigt wird, dass wir als Wohnmobil nur die PKW-Vignette bezahlen müssen. Unabhängig vom Fahrzeuggewicht. Der Herr liest die Mail, nickt wissend und sagt, alles wäre ok, wünscht uns eine gute Weiterfahrt, Shake-Hands trotz Corona und winkt uns zum Abschied freundlich zu. Na also, geht doch!

 

Aber die Story geht noch weiter: wenig später stehen wir auf unserem auserwählten Übernachtungsplatz, der ziemlich genau auf der Grenzlinie verläuft. Ein Parkplatz in freier Natur nahe einem Aussichtsturm. Gerade als wir uns häuslich installiert haben und den Hund aus dem Mumin befreien, kommt die Zollbehörde vorbei. Wohlgemerkt – wir stehen hier irgendwo in-the-middle-of-Nowhere am Ende einer Sackgasse. Die uniformierten Herren fahren an uns vorbei, wenden, schauen kurz, nicken und winken freundlich.

 

Keine Stunde später, ich bin gerade am Abendessen kochen, kommt wieder eine Polizeistreife. Jetzt sind wir dran und werden von unserem idyllischen Plätzchen vertrieben, so der erste Gedanke. Doch nein: die Herren schauen, wenden, nicken und winken freundlich. Ich vermute mal, dass wir heute Nacht hier oben bestens bewacht stehen. Da wir morgen knapp 15 Kilometer auf derselben Straße wieder zurückmüssen, sind wir mal gespannt, wie oft und ob wir wieder kontrolliert werden. Fortsetzung folgt 😉

 


Slowakei Woche Sechs - Russland-Feeling im tiefen Osten des Landes

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Kommentare: 1
  • #1

    goldfish (Sonntag, 27 September 2020 11:29)

    spannend wie immer, weiter so, bin dabei

    Gruss
    goldfish