Weiterfahrt in die Bukovina

Die Nacht war wunderbar ruhig. Kein Bär klopfte an, kein Wolf hat uns gefressen und auch keine bösen Buben haben vorbei geschaut. Hurra - wir haben die Nacht in der Wildnis überlebt ;)

Um 7 Uhr werden wir vom Glockengeläut einer Kirche und gregorianischen Gesängen geweckt. Wir wähnen uns noch im Traum, doch die Töne scheinen vom nahen Kloster auf dem Prislop-Pass zu kommen.

Beim Frühstück fährt wieder ein Jeep vorbei, ein anderer als gestern. Der Fahrer guckt, wendet und fährt wieder weg. Offenbar hat sich unsere Anwesenheit herum gesprochen und es wird nachgeschaut, ob uns die Bären nicht geklaut haben.

Wir starten also bester Dinge bei bestem Wetter weiter in Richtung Osten. Die Straße über den 1.416 Meter hohen Prislop-Pass ist entgegen aller Beschreibungen in den Reiseführern in einem erstaunlich guten Zustand.  Überall wird gebaut, auch auf dem Pass selbst. Hier hätten wir auch in exponierter Lage übernachten können - aber wer weiß das schon vorher. Hätte auch Baustelle sein können. Egal, wir genießen die prächtige Aussicht, wissen jetzt, woher die Klänge kamen, die uns geweckt haben. Die Lautsprecher beschallen die ganze Region.

Unsere weitere Fahrt führt uns über spektakuläre Bergstraßen und schöne Flusstäler. Die Straße ist jedoch irgendwann eine Schotterpiste - wir haben uns wohl zu früh gefreut. Dann ist sie eine Baustelle - bei uns würde man sie für den Verkehr sperren, doch wir schlängeln uns zwischen Baustellenfahrzeugen und dem Abgrund durch. Irgendwann ist die Region Bukovina und die gut ausgebaute D18 erreicht. Hier überqueren wir nochmals einen 1.096 Meter hohen Pass. Oben wird es Zeit, die Aussicht zu genießen und eine Kaffeepause zu machen. Die Ruckelfahrt über die schlechte Straße hat ein paar Schrauben gelöst, u.a. am Kühlschrank, der sich nicht mehr schließen lässt. Die Ursache ist aber schnell behoben. Heute Abend müssen wir wohl die eine oder andere Schraube nachziehen.

Nach unserer Pass-Überquerung stürzen wir uns ein wenig ins Verhängnis. Eigentlich sind wir nicht mehr weit von unserem Ziel Sucevita entfernt. Doch mangels ordentlicher Beschilderung und Nachlässigkeit der navigierenden Co-Pilotin biegen wir zu früh ab. Auf einer zunächst recht ordentlichen Straße, dann zunehmend haarsträubender Schlaglochpiste steuern wir geradewegs auf die Ukraine zu. Dort wollten wir aber gar nicht hin. Auch Tante Google warnt uns nicht, sondern leitet uns geradeaus weiter. Irgendwann kurz vor der Grenze bemerken wir den Irrtum und machen kehrt. Plötzlich eiert vor uns ein weiteres Wohnmobil über die Schlaglöcher. Wohl ebenfalls ein Fehlgeleiteter...

Am richtigen Abzweig erstehen wir an der Straße noch frisches Gemüse und finden in Vatra Moldovitel einen einfachen, aber netten Wohnmobilstellplatz. Die Vila Lulu - ein Platz mit angeschlossenem, etwas in die Jahre gekommenen Gasthaus samt einer Art Jugendherberge. Hier essen wir auch zu Abend und bezahlen für alles 80 Lei - 17 Euro. Da wir auch Strom haben, backen wir noch Brot, Frank zieht diverse Schrauben nach und versucht sich erfolglos am Notstromaggregat, das bislang gut funktioniert hat. Unsere Energieversorgung ist und bleibt spannend. Morgen wollen wir von hier aus die Moldau-Klöstertour starten.

Tagesetappe: 148 km


Kloster Moldevita und Kloster Sucevita

Nach einer sehr ruhigen Nacht und Frühstück mit selbst gebackenem Brot machen wir uns gegen 10.00 Uhr auf den sehr kurzen Weg ins Kloster Moldevita. Zuvor ersteht Frank noch vom Hausherrn ein handbemaltes Straußenei. Die kunstvolle Gestaltung von Hühner-, Gänse-, Enten- und eben auch Straußeneiern ist typisch für die Bukovina.

Am Kloster kommen wir genau zum sonntäglichen Gottesdienst an. Allerdings ist es wohl üblich, dass die Gläubigen die stundenlange orthodoxe Zeremonie mal drinnen, mal draußen, mal früher oder mal später besuchen. Es herrscht ein stetiges Kommen und Gehen. Somit sehen wir vom Innenraum nur wenig. Aber die Außenfresken sind schon sehr beeindruckend. Umgeben von 5 Meter hohen und sehr dicken Außenmauern samt Wehrtürmen gehört das Kloster zum UNESCO-Weltkulturerbe und wurde vom (unehelichen) Sohn Stefans des Großen 1532 in Auftrag gegeben. 1785 wurde das Kloster aufgelöst und 1935 als Nonnenkloster wieder eröffnet. Es gehört damit zu den Einrichtungen, die die kommunistische Ära überdauert haben.

Nach dem Besuch des kleinen Museums fahren wir weiter über den Ciumarna-Pass (1.109 Meter). Frank würde ja aus der Übung kommen, wenn heute nicht eine Passstraße auf dem Programm stehen würde ;)

Von hier oben aus hat man eine wunderbare Aussicht über die Obcina-Mara-Berge. Das 7 Meter hohe Monument - eine ausgestreckte Handfläche - wurde zu Ehren der Arbeiter errichtet, die die 1969 erbaute Passstraße geschaffen haben.

 

In Sucevita steuern wir das nächste Kloster des heutigen Tages an. Auf dem Parkplatz werden wir gleich auf unseren Mumin angesprochen. Einer der Männer war 14 Jahre lang als Trucker auf einem Volvo in Frankreich unterwegs und er lobt unseren Mumin. "Very good machine" - na denn, alles richtig gemacht ;)

Das Kloster von Sucevita stammt aus dem Jahr 1584 und ist umgeben von grünen Berghängen. Die Außenfresken gehören zu den mit am besten erhaltenen der Moldauklöster. Die mineralischen Farben strahlen auch heute noch frisch und das Geheimnis scheint in einer Beimischung von Kuhmilch-Käse zu liegen - so die Forschungsergebnisse.

Auch ein Museum ist angegliedert und zu sehen sind wertvolle liturgische Gefäße aus Silber sowie mit Gold- und Silberfäden bestickte Grabtücher der Fürstenfamilie.

Nach dem Klosterbesuch steuern wir durch das lang gestreckte und zersiedelte Dorf Sucevita unseren Übernachtungsplatz an. Die nette WoMo-Pension "Cristal". Ein kleiner Bauernhof mit Kühen, Hühnern, Katzen, Hasen und einem großen Gemüsegarten. Stella, die Inhaberin, empfängt uns herzlich und wir stehen quasi in ihrem Garten direkt am Fluß. Leider erfahren wir erst später, dass sie auf Anfrage auch für ihre Gäste kocht. Wir bezahlen 50 Lei (ca. 10 Euro) und laut einem netten Reisepaar aus Wolfsburg die "teuerste" Region Rumäniens. Egal, wir stehen hier in einem kleinen Paradies, kein Müll um uns herum, wir haben Strom und können Frischwasser zapfen. Außerdem genießen wir die Abendsonne draußen und können - dank hervorragender WLAN-Verbindung - auch unseren Reiseblog auf Vordermann bringen.

Tagesetappe: 39 km


Kloster Voronet und Kloster Humor

Heute starten wir zur Klostertour Tag 2. Nach einem Frühstück draußen im Sonnenschein bekommen wir noch ein paar Tipps von unseren Camping-Nachbarn aus Wolfsburg für das Donau-Delta. Dann geht es los zu unserer rund 40 Kilometer langen Tagesetappe.

Zunächst gelangen wir in das Töpferdorf Marginea. Die berühmte schwarze Keramik wird heute nur noch in einer Werkstatt produziert. Die Gefäße werden acht Stunden lang über einem Feuer aus Tannenholz gebrannt. Dann ruhen sie weitere acht Stunden über den heißen Kohlen. Sie kommen schlicht und schwarz aus der Glut und werden nur noch mit kleinen dezenten Mustern in der Oberfläche versehen.

Frank legt rechtzeitig eine Vollbremsung vor dem Keramikatelier ein, so dass wir die Kunstwerke bewundern und natürlich auch ein paar Stücke kaufen.

 

Weiter geht es über eine relativ gute - gelbe - Straße, die uns durch eine liebliche Landschaft mit schönen Dörfern nach Gura Humorului. Die Gegend hier wirkt sehr gepflegt, viele neue Häuser werden gebaut aber auch die alten Holzhäuser mit den pastellfarbenen Holzschindelfassaden sind irgendwie "ordentlicher" als in anderen Gegenden.

Unterwegs ist mal wieder ein kleiner Pass zu meistern, der jedoch vergleichsweise harmlos zu den bisherigen Bergstraßen ist. Ein "Pässle" sozusagen.

Die Stadt Gura Humorului ist Ausgangspunkt zu weiteren UNESCO-Klöstern. Hier steuern wir durch den mittäglichen Verkehr, wobei das Parkverhalten der Rumänen schon einigermaßen chaotisch ist. Somit bugsiert Frank den Mumin um einige Querparker herum, aber wir erreichen unbeschadet das erste Kloster des heutigen Tages. Das Kloster Voronet. Es gilt als "Sixtinische Kapelle des Ostens" und somit sind wir mal gespannt, was uns hier erwartet.

Am heutigen Montag sind wir so gut wie alleine hier, aber in der Hochsaison oder am Wochenende drängen sich die Besucher. Davon zeugen auch die zahlreichen Souvenirstände, die heute etwas verwaist wirken. Die Außenfresken erstrahlen im berühmten Voronet-Blau.

Wir lassen uns durch die Anlage treiben, lesen und staunen. Es ist schon eine ganz besondere Pracht, die wir hier zu sehen bekommen.

Weiter geht es zum nächsten Kloster, das nur wenige Kilometer entfernte Kloster Humor. Während die ersten drei Klöster doch gewisse Ähnlichkeiten aufzuweisen hatten, ist das Kloster Humor ein wenig anders. Nicht nur, dass es keinen Turm hat. Auch die gesamte Anlage samt dem neu aufgebauten Wehrturm ist etwas Besonderes. Wir bekommen vom Turm aus einen wunderbaren Überblick, obwohl der Aufstieg und insbesondere der Abstieg nichts für Klaustrophobiker ist.

Besonders begeistert sind wir hier von den Fresken im Innenraum. Da die diensthabende Nonne gerade ihr Mittagsschläfchen hält, wagen wir auch Fotos vom Inneren. Normalerweise ist das in den Klöstern nicht gestattet. Mea culpa.

Nur wenige Meter weiter finden wir einen weiteren schönen Übernachtungsplatz. Die WoMo-Pension Cristiana. Wir stehen hier ganz alleine in einem riesigen Garten und ich darf auch der Seniorchefin des Hauses ein wenig beim Besticken der traditionellen Tracht über die Schulter schauen.

 

Wenn wir nun ein erstes Fazit der vier bedeutendsten Moldauklöster ziehen sollen, so hat uns das heutige Kloster Humor am besten gefallen. Es war ein wenig anders, die Fresken im Innenraum waren komplett neu restauriert und haben uns besonders beeindruckt. Vielleicht hatte das Kloster Voronet auch zu viele Vorschuss-Lorbeeren, aber im Vergleich geben wir Humor die volle Punktzahl.

Tagesetappe: 67 km


Von Bisons, Bären und den Mönchen im Kloster Neamt