(Fast) Alles wird gut in Zentralspanien

Von unserem Zitronenhain bei Murcia konnten wir uns nur schwer losreisen. Zu angenehm waren die Tage dort und der betörende Duft von Orangen- und Zitronenblüten begleitete uns von morgens bis abends. Ja sogar nachts kam immer wieder ein Hauch durchs geöffnete Fenster. Diese kleine Auszeit gab uns Energie zur Weiterfahrt in Richtung Landesinneres. Kaum lässt man den Speckgürtel der Küste hinter sich, findet man sich in einem völlig anderen Land wieder. Spanien authentisch, wie wir es gesucht haben.

 

Von Murcia ging es vorbei am Naturpark Sierra Espuña mit bizarr erodierten Felsformationen, über Straßen, die uns an Albanien erinnerten, zur heiligen Stadt der Region Murcia Caravaca de la Cruz. Sie gehört zu einer der fünf christlichen Städte, in der alle sieben Jahre das Heilige Jahr gefeiert werden darf. Mit eindrucksvoller Basilika, in die wir völlig überraschend einen Blick hineinwerfen konnten, weil uns ein Handwerker das Hintertürchen öffnete 😉 In solch einem Heiligen Jahr kommen bis zu einer Million Pilger hierher – und wir waren alleine da. Übrigens: 2024 ist es wieder soweit.

Überraschend für uns, dass wir uns nun immer mehr auf Höhen zwischen 800 und 1.300 Metern bewegen. Zunächst noch durch mehrerer Sierras mit eindrucksvollen Gebirgslandschaften und Passstraßen. Eine davon ist die Sierra del Segura mit dem Wasserfällen Nacimiente del Rio Mundo. Dort war es Zeit für eine Wanderung und eine Übernachtung vor schneebedeckten Gipfeln. Entsprechend frisch und kühl war es und die Heizung des Mumin wurde wieder in Betrieb genommen.

So erreichen wir die Region Kastilien-La Mancha. Der Inbegriff von Don Quijote und den Windmühlen. Aber auch die Region von unendlicher Weite, riesigen Feldern und endlosem Blick bis zum Horizont. Kilometerlang fahren wir auf schnurgeraden Straßen durch eine menschenleere und dünn besiedelte Landschaft. Eine flache Hochebene auf immerhin rund 800 bis 900 Metern, was uns vorher so nicht bewusst war. Jetzt im Frühjahr sind die Getreidefelder sattgrün, am Straßenrand blüht der gelbe Ginster, dunkelgrüne Steineichenwälder und die tiefrote Erde bilden ein kontrastreiches Farbenspiel. Eine Landschaft, die zur Ruhe kommen lässt und Weitblick ermöglicht.

Ein lustiges Erlebnis hatten wir dann im Dörfchen Lezuza, in dem wir einen Stellplatz auf dem ehemaligen Fußballplatz der Gemeinde fanden. Wir waren die einzigen Gäste hier, der Platz riesig, im Sommer staubig und bei Regen ein bisschen matschig. Etwas unsanft geweckt wurden wir am morgen von lautem Motorlärm. Beim Blick aus dem Fenster waren wir umzingelt von Traktoren, Mähdreschern, Ballenpressen, Anhängern und anderem landwirtschaftlichen Gerät. Bauerndemo? Landwirtschaftliche Messe? Notverkauf eines Pleite gegangenen Großlandwirtes? Nichts von alledem. Der Fuhrpark der Region kam hier zusammen, um sich den TÜV-Stempel abzuholen. Unser Mumin blieb jedoch unbeachtet 😉

Weiter ging es durch eine der Weinbauregionen der La Mancha. Auch hier beeindruckend die unendliche Weite. Um uns herum nur Weinfelder so weit das Auge reicht. Nun tauchen auch die ersten Windmühlen auf und bei Campo de Criptana finden wir dann auch ein spektakuläres Übernachtungsplätzchen direkt bei den Wahrzeichen der Region. Inklusive eines perfekten Sonnenuntergangs. Herz, was willst du mehr.

Don Quijote ist noch eine Weile unser Begleiter und er taucht nahezu in jedem Dörfchen auf. Es gibt einen Rad- und Wanderweg Ruta Don Quijote, der die literarischen Orte verbindet und auf dem man dem Geist des Don samt seiner Begleiter Sancho Pansa, Rosinante und Dulcinea nachspüren kann.

Die Windmühlen werden allmählich abgelöst von den Castillos, denen die Region Kastilien-La Mancha ihren Namen verdankt. Mal eher ruinös und in Resten erhalten, mal eindrucksvoll und majestätisch auf der bergig werden Landschaft thronend. Ein besonders majestätisches Exemplar ist das Castillo in Belmonte. Schauplatz von Mittelalterfesten, Filmkulisse und noch im Besitz der Herzöge von Alba. Alles ein wenig Disney-mäßig, aber mit wunderschön erhaltenen Holzdecken und Stuckdekorationen. Durchaus einen Besuch wert.

Die Weiterfahrt bietet wieder mal eine Überraschung. Wir wollen uns quer über Land auf einer in der Landkarte als weiß verzeichneten, kleinen Straße durchschlagen. Ein Blick auf Google Streetview verrät uns, dass wir uns auf einige Offroad-Kilometer einstellen müssen. Was uns dann erwartet ist eine zwar schmale, aber nagelneue Straße mit frischer Asphaltdecke. Die weiße Farbe der Straßenmarkierung ist noch nicht trocken und wir sind wohl die ersten, die hier unterwegs sind. Für wen gebaut wurde? Keine Ahnung, auf 30 Kilometern begegnen wir keiner Menschenseele.

Ein Highlight ist auch das mittelalterliche Festungsstädtchen Alarcón, das malerisch auf einer Felsnase in einer Windung des Rio Júcar liegt. Hier finden wir einen weiteren Top-Ten-Übernachtungsplatz in herrlicher Aussichtslage. Das Dörfchen selbst präsentiert sich hübsch herausgeputzt, an prominenter Stelle im Castillo de Alarcón residiert ein Parador-Hotel, wirkt aber an einem Wochentag völlig ausgestorben. Nicht einmal eine Alibi-Bar für ein Feierabend-Viertele hat geöffnet. Offenbar lebt der Ort nur am Wochenende und/oder in Ferienzeiten. Schade eigentlich.

Vor fahrerische Herausforderungen mit unserem Mumin sind wir in Cuenca gestellt. Die Stadt der „hängenden Häuser“ macht es uns sehr schwer, einen geeigneten Parkplatz zu finden. Drei Kilometer außerhalb in einem etwas zwielichtigen Viertel gefällt es uns nicht, aber die Kaffeepause ist inspirierend. Google verrät uns einen Bus- und Wohnmobilstellplatz unmittelbar bei der historischen Altstadt. Allein die Anfahrt dorthin ist ein Abenteuer. Es geht durch verwinkelte, zugeparkte Einbahnstraßen um zig Ecken. Aber wo ein Bus hinkommt, muss es auch uns gelingen. Und es gelingt tatsächlich, doch der eine oder andere Schweißtropfen wurde vergossen. Nun haben wir aber die Pool-Position direkt unter den hängenden Häusern. Hoffentlich fällt uns keines auf den Kopf 😉

Das Wetter ist nun leider wieder regnerisch und der Ausflug in die überragende Sierra de Cuenca nebelverhangen und nass. Nichtsdestotrotz unternehmen wir einen Abstecher und werden nicht enttäuscht. Ein Highlight hier ist die verzauberte Stadt Ciudad Encantada mit ihren bizarr erodierten Felsen, die uns an riesige Steinpilze (im wahrsten Sinn des Wortes), fabelhafte Tierwesen und mächtige Schiffsbugs erinnern. Ein Ausflug in eine Landschaft, die Zeit und Raum vergessen lässt. Wahrlich phantastisch.

Weiter geht es nun in Richtung Madrid, das wir schneller erreichen als geplant. Zum einen führt die Route nun wieder durch die endlose, flache Weite der La Mancha mit nur wenig lohnenden Stopps, weshalb wir den Weg auf der Schnellstraße/Autobahn zurücklegen. Zwei davon waren die riesige römische Ausgrabungsstätte Segóbriga sowie das nicht minder eindrucksvolle Kloster in Uclés. Auch das „kleine El Escorial“ genannt. Wir sind schon gespannt auf das Große, das noch auf unserer Things-to-see-Liste steht…

Zum anderen wollten wir noch einen Aufenthalt in Aranujez vor den Toren Madrids einlegen. Unser auserkorener Stellplatz entpuppt sich als Veranstaltungsplatz, auf dem an diesem Wochenende ein Festival stattfindet. Der benachbarte Campingplatz ist ausgebucht, da in der Region Madrid der 2. Mai ein regionaler Feiertag und damit ein langes Wochenende ist. Ein Plan B muss her und der ist die Weiterfahrt direkt nach Madrid, wo wir auf dem einzigen Campingplatz der Stadt für die nächsten Tage Unterschlupf finden. Hier sind wir nun und legen ein paar Ruhe- und Haushaltstage ein, um uns zudem ins Getümmel der Großstadt zu stürzen. Wir werden weiter berichten…



Kommentare: 1
  • #1

    goldfish (Montag, 16 Mai 2022 11:27)

    Hi ihr lieben,
    bin immer noch dabei, danke für die schönen Fotos und den Bericht
    bleibt gesund
    Gruss
    goldfish