Das Schönste am Süden

ist der Heimweg

nach Norden


Heimreise durch Frankreich

Am 26. September treten wir allmählich unsere Heimreise an. Weitaus früher, als eigentlich geplant. Doch unsere restliche Spanien-Recherche lief flotter als gedacht und nun ruft uns die Arbeit an den heimischen Schreibtisch. Der WOMO-Reiseführer Zentralspanien-Ost soll bereits im Januar 2023 erscheinen. Insofern ist nun Fleißarbeit angesagt.

Doch wir wären nicht wir, würden wir nicht zumindest in Frankreich wieder ein paar Erholungstage einlegen. Zunächst einmal steht die Frage nach der Routenplanung an. Wie und wo sollen die Pyrenäen überquert werden? Wir entscheiden uns für eine noch unbekannte Strecke über den Sompot-Pass.

Wir starten also an unserem letzten Übernachtungsplatz in Spanien - in Sos del Rey Catolicó, wo am Morgen ein Mitarbeiter der Gemeinde vorbeikommt und fast schon entschuldigend 5 Euro Übernachtungsgebühr kassiert. Wir sollen auch ordentlich Wasser auffüllen, meint er. Das wäre inklusive ;)

Dann geht's weiter nach Sangüesa, das wir bereits von unserer Frühjahrstour kennen. In dem netten Städtchen werden nochmal die spanischen Vorräte sowie der Dieseltank aufgefüllt. Danach fahren wir am Südrand der Pyrenäen entlang in Richtung Osten. Seit unserer Wohnwagen-Reise vor etlichen Jahren hat sich hier nicht viel verändert. Mal ist die Strecke vierspurig ausgebaut, dann wieder kurvenreiche und schmale Landstraße.

 

Erschreckend ist der Anblick des Yesa-Stausees. Was wir als türkisblauen See in Erinnerung hatten, ist ein weites, dürres Feld mit freiliegenden Ruinen. In den verbliebenen Wassertümpeln baden Menschen und campieren auf dem Grund des Sees. Schafe weiden, wo zartes Grün sprießt. Die Folgen von verheerenden Waldbränden sind ebenfalls sichtbar. Ganze Hänge sind schwarz verkohlt - Impressionen des Dürresommers 2022.

Bei der Stadt Jaca wenden wir uns den Pyrenäen zu. Die Landschaft wird zunehmend spektakulär und wir beschließen spontan, nicht unten durch den Sompot-Tunnel zu fahren, sondern über den 1.640 Meter hohen Pass.Bei Canfranc passieren wir in The-Middle-of-Nowhere einen mondänen Bahnhof, der einst zur Bahnstrecke Pau-Zaragoza gehörte. Er hat eine bewegte Geschichte hinter sich und wird derzeit aufwändig saniert. Früher wurde hier Wolfram aus Spanien ins Nazi-Deutschland transportiert. Umgekehrt kamen Juden und andere Flüchtlinge aus dem besetzten Frankreich nach Spanien. Offenbar soll die alte Bahnstrecke reaktiviert werden und ein mondänes Luxushotel in den Bahnhof einziehen. Von außen sieht er schon mal ziemlich eindrucksvoll aus.

Wir nehmen nun die Passstraße hinauf in das spanische Skiressort Candanchú. In phänomenaler Bergkulisse machen wir Mittagspause und fahren danach hinauf zum Sompot-Pass. Dort befindet sich der Grenzübergang zu Frankreich und eigentlich dürften wir jetzt nicht mehr weiterfahren. Runter geht's nur für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen. Hätte man ja mal unten anschreiben können. Umkehren ist jetzt keine Option - also Augen zu und durch. Wird schon irgendwie passen. Zum Glück ist kaum jemand unterwegs und wir können einigen Felsüberhängen prima ausweichen. Die Route ist genial und geht unten mindestens genauso spektakulär weiter.

Wir fahren durch das Tal der Aspe. Wunderschön, aber mit heftigem Schwerlastverkehr und zig Engstellen, die teilweise über Baustellenampeln geregelt werden. Da war unsere illegale Pass-Abfahrt direkt harmlos. Dann stürzen wir uns mal wieder ein wenig ins Verhängnis. Unser Etappenziel Lourdes ist entweder auf einer weiteren Strecke über Pau oder im Shortcut auf kleinen D-Sträßchen zu erreichen. Wir wählen letzteres, landen in einer kleinen Fußgänger-Spielstraße, fahren auf einspurigen Fizinalsträßchen kurvig durch Wald und Wiesen, durchqueren kleine und allerkleinste Dörfer und haben zu allem Überfluss auch noch zwei Baustellen-LKWs im Nacken, die in Harakiri-Manier unterwegs sind. Irgendwie erreichen wir dann doch noch unbeschadet den Wallfahrtsort Lourdes, den wir uns bei einem Abendspaziergang ein wenig anschauen.

Lourdes ist das volle Kontrastprogramm zu unseren einsamen Tagen in Spanien. Obwohl aktuell nur wenig los ist, steppt hier der religiöse Kommerz. Souvenirs, Devotionalien und ein heiliges Wasser, das in dieser Menge unmöglich aus der spärlich tröpfelnden Quelle stammen kann. Opferkerzen zu horrenden Preisen, anstatt E-Scooter gibt's Rollstühle zu mieten, mondäne Hotels....

Wir schauen uns das alles an, warten (vergeblich) auf die religiöse Erleuchtung und verbringen eine ruhige Nacht auf unserem Großparkplatz. Dort hatten wir dann auch noch eine Begegnung mit einem Paar aus Unterfranken. Die beiden erzählten uns, dass sie wohl schon so ziemlich alle Jakobswege in Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal und sonstwo abgelaufen sind. Klang weniger nach spiritueller Sinnsuche als nach Fleißkärtchen in Form von Pilgerstempeln sammeln.

Sodele - Sarkasmus-Modus aus. Wir stehen vor wichtigeren Entscheidungen. Für unsere Weiterfahrt gibt es nämlich drei Optionen: Rechts (Mittelmeer), links (Atlantik) oder geradeaus (Zentralmassiv). Da es in Lourdes inzwischen herbstlich trüb, nebelverhangen und nass ist, befragen wir das Wetter-Orakel in Form unserer Wetter-App. Mittelmeer siegt und über Toulouse geht es bei Regen und Wind auf der Autobahn nach Gruissan. Never change the running system - hier wissen wir, was uns erwartet.

Der Stellplatz ist jedoch brechend voll mit Franzosen und Deutschen auf dem Weg an ihre Überwinterungsziele im Süden. Charmant geht anders - aber wir empfehlen unseren Lieblingsort Gruissan und den Stellplatz schließlich auch in unseren Büchern als Anreiseplatz ;)

Praktisch ist er und wir spazieren bei sehr starkem Wind ins Städtchen. Hat sich weiter zum angesagten Urlaubsort entwickelt. Unsere Lieblings-Restaurants sind inzwischen Burger-und-Bowl-Läden, Pizza-to-go-Buden und Hipster-Bars gewichen. Tapas zu Preisen, die uns die Tränen in die Augen treiben. Hatten wir doch Gleiches zu einem Bruchteil dessen bekommen, was die Häppchen hier in Frankreich kosten.

Wie heißt es doch so schön: Alles hat seine Zeit - Und Gruissan hatte sie. Wir erinnern uns immer wieder gerne an unsere Familienurlaube hier und werden fast schon ein bisschen melancholisch.

Wie fast zu erwarten, verbringen wir ein paar Arbeitstage in Gruissan. Marktbesuch, Austern essen, Stipvisite in der Saline - Ortserkundung eben. Das Wetter ist ein milder Aprilwetter-Mix mit viel Wind. Nachdem sich gestern die Pyrenäen und die spanische Küste in eine bedrohlich dunkle Wolkenwand gehüllt hatten, tägt der Pic de Canigou heute (30. September) eine weiße Haube. Irgendwie zieht es uns angesichts des bevorstehenden Winters dann doch nicht so richtig nach Hause. Trotzdem machen wir uns auf den Weg und kommen tatsächlich bis zum Pont-du-Gard. Die alte Römerbrücke kennen wir zwar schon von mehreren Stipvisiten, aber diesmal nähern wir uns von der anderen Seite und steuern auch einen Übernachtungsplatz an. Der Stellplatz ist fußläufig von der Brücke entfernt, picobello und wir keine Sekunde zu früh da. Innerhalb einer Stunde füllt er sich während unserer Siesta bis auf den letzten Platz.

Wir spazieren noch zum Pont-du-Gard, schauen uns das Bauwerk von allen Seite an und wollen zu unserem obligatorischen Feierabend-Viertele einkehren. Das Restaurant hat noch zu, aber es gibt ein kleines Café mit Eis und Kuchen. Zaghaft fragen wir, ob wir denn auch ein Glas Wein haben könnten. Mais bien sûr - so die Antwort. Klar - wir sind ja in Frankreich. Doch dann setzt uns die nette Dame zwei Pappbecher mit Rosé vor. Und das für 4,00 Euro pro Becher. Touristen-Abzocke par excellence!

Weiter geht es in Richtung Heimat. Mal auf der Autobahn, dann wieder mautfreie Landstraße. In Lyon entscheiden wir uns, das Burgund und dort den Ort Louhans anzusteuern. Kennen wir bislang noch nicht und dort soll es das legendäre Bresse-Huhn geben. Steht schon lange auf unserem Speisezettel. Somit kommen wir an einem wunderbaren Stellplatz an, er liegt am Flüsschen Seille und auch dieser Platz füllt sich im Laufe des Nachmittags bis auf den letzten Platz.

Louhans wirbt als schönster Umweg Frankreichs für sich. Tatsächlich ist der Ort mit seiner langen, arkadengesäumten Hauptstraße sehr pittoresk. Fachwerkhäuschen, Kopfsteinpflaster, hübsche Läden - aber an einem Sonntag auch sehr ausgestorben. Wir finden dann doch noch ein Restaurant für unser Menu du Jour, wählen Huhn, bekommen aber fisselige Knöchelchen zum Abnagen. Ist zwar ganz lecker, aber mühsam. An die Spezialität Tête du Veau - Kalbskopf - wagen wir uns nicht heran.

Eigentliches Highlight von Louhans ist jedoch der Montagsmarkt. Und den nehmen wir natürlich mit. Wir werden auch nicht enttäuscht. Es ist ein typisch französischer Markt mit allem. Klamotten, Obst, Gemüse, Käse, Möbel und natürlich ein eigener Bereich mit Geflügel. Lebend, gerupft und fertig gebraten. Da lassen wir uns natürlich nicht zweimal bitten und verfallen ins Shopping-Fieber. Bunte Macarons, arabische Patisserie-Teilchen, Oliven, Käse, Salami, Gewürze und ein fertig gebratener Gockel.

Mit vollem Kühlschrank starten wir zu unserer letzten Etappe und landen wieder in Belfort. Grund: Die köstlichen Croissants, die tatsächlich die bislang besten unserer Reise waren. Man muss schließlich Prioritäten setzen. Auch hier ist der Stellplatz voll, irgendwie scheinen alle auf dem Weg gen Süden zu sein. Der Abendspaziergang ins Städtle fällt kurz aus. Es ist merklich kühl geworden und reicht gerade mal so für ein Feierabend-Bier. Satte 13,00 Euro will man hier für zwei Bier.... Willkommen zurück.

Die restlichen knapp 300 Kilometer nach Hause sind wie immer die anstrengendsten der ganzen Reise. In Frankreich wollen wir nochmal günstig den Diesel-Tank auffüllen, doch wir sind mitten im Generalstreik der Franzosen gelanden. An den Tankstellen gibt es noch Benzin, aber keinen Diesel mehr. Überall Fehlanzeige. An der letzten Tanke kurz vor der deutschen Grenze scheint es zu klappen. Doch hier warten mehr als zehn Profi-Trucker auf den kostbaren Saft. Bis die voll sind, gucken wir in die Röhre. Zum Glück reicht unser Vorrat noch bis nach Hause. Doch auf deutscher Seite hoppeln wir von einem Stau in den nächsten. Bei Pforzheim legen wir dann entnervt eine Mittagspause auf einem Autobahn-Parkplatz ein. Notfall-Spaghetti-mit-Pesto. Wir bekommen gerade noch so einen Parkplatz. Schlechter dran sind die Profi-Trucker, die ihre obligatorische Fahrzeit-Pause machen müssen. Sie haben keine Chance und stehen letztlich auf den Standstreifen. Um den Job sind sie echt nicht zu beneiden und irgendwie sind wir hier wieder schneller zurück in der deutschen Realität als uns lieb ist.

Irgendwann ist es dann doch geschafft, wir sind zuhause und es ist Zeit, wieder mal eine kleine Bilanz in Zahlen zu ziehen:

Für unsere Herbstreise Spanien 2.0 waren wir 40 Tage lang unterwegs und legten dabei 4.831 Kilometer zurück. Alles unfall- und pannenfrei. Übernachtet haben wir überwiegend auf offiziellen Wohnmobil-Stellplätzen, meist kostenfrei, und zwei Mal waren wir auch auf einem Campingplatz.

Nun werden wir die Wintermonate zuhause verbringen, an unseren beiden Spanien-Büchern arbeiten und wir freuen uns auch darauf, mit unseren Vorträgen wieder live zu Gast bei verschiedenen Volkshochschulen sein zu können.

Dazwischen werden wir auch auf kleineren Ausflügen im Heimat-Ländle unterwegs sein und darüber berichten. Schaut also gelegentlich mal auf unser Homepage vorbei.

Damit vielen Dank für's virtuelle Mitreisen!


Kommentare: 1
  • #1

    goldfish (Mittwoch, 02 November 2022 14:28)

    hi ihr lieben,
    ach, war das wieder schön bei Euch "mit" zu reisen
    lieben Dank für die schönen Bilder und Berichte

    Gruss
    goldfish