Blau, blauer, am Blauesten

So ganz allmählich nähert sich unser Aufenthalt in Marokko seinem Ende zu. Nach ein paar Tagen am Mittelmeer haben wir einen Abstecher über das berüchtigte Rifgebirge in die wunderschöne blaue Stadt Chefchouen gemacht. Berüchtigt ist das Gebirge deshalb, weil die Bewohner ein ziemlich aufsässige Berbervolk waren (und vielleicht noch sind) und weil hier das größte Anbaugebiet für Cannabis in Marokko liegt. Gerüchten zufolge wird das Haschisch an der Straße verkauft wie andernorts die Tomaten oder Datteln. Wir sind jedoch klaren Kopfes über die Berge gekommen und niemand wollte uns auch nur das geringste Kräutlein andrehen.

 

Anders dagegen in Chefchouen. Dort wurde Frank gleich mehrfach angesprochen, ob er nicht etwas zu rauchen haben wolle. Anscheinend macht „Ali Baba“ einen bedürftigen Eindruck 😉 Doch beim Hinweis auf sein „schwaches Herz“ haben die männlichen Haschverkäufer Verständnis. Der arme Mann braucht nix zu rauchen.

 

Insgesamt sind wir sehr froh, dass wir uns Chefchouen für den Schluss unserer Reise aufgespart haben. Diese wunderschöne Stadt versöhnt uns ein großes Stück weit mit Marokko, auch wenn sie natürlich sehr touristisch geprägt ist. Aber sie liegt landschaftlich wunderschön an den Hängen des Rifgebirges, was allerdings einigen sportlichen Ehrgeiz erfordert. Die Treppen und Wege hinauf und hinunter durch die Stadt sind steil. Und der Campingplatz liegt natürlich oben. Runter in die Medina geht es fix, aber mit vollgepacktem Rucksack hinauf kommen wir doch ganz schön außer Puste.

 

Wie gesagt, Chefchouen ist eine Perle. Alles wirkt sauber und aufgeräumt. Blau, blauer am blauesten mit Fotomotiven ohne Ende. Der Bummel durch die Gassen ist entspannt, außer den Haschverkäufern will niemand etwas von uns, wir können unbehelligt schauen und genießen. Und die vielen Katzen in der Stadt werden anscheinend extra dafür bezahlt, dass sie sich fotogen in Szene setzen.

(Bilderrätsel: drei Hunde sind auch dabei....)

 


Mein Freund, der Muezzin

 

Nach fast drei Monaten unterwegs in Marokko ist der Muezzin mein Freund geworden. Fünfmal am Tag erschallt sein Ruf von den Minaretten der Moscheen, um die Gläubigen zum Gebet zu rufen. Frühmorgens um sechs Uhr müsste das zwar noch nicht unbedingt sein, aber so weiß ich, dass ich noch mindestens zwei Stunden weiterschlummern kann.

Und wer denkt, der Ruf wäre immer derselbe, der irrt gewaltig. Wir konnten von einem wahrlich schauderhaften Geplärr, das uns aus scheppernden Lautsprechern an einen Esel mit Zahnschmerzen erinnerte, bis hin zu wirklich schönen Gesängen so ziemlich alle Varianten des Muezzin-Rufes erleben. Besonders eindrucksvoll war dieser in Tata. Dort erschallte von mehreren Minaretten der Ruf in einer Art Kanon. Auch in den Bergen, wo das Echo zurückgeworfen wurde, erklangen die Rufe irgendwie mystisch. Und in Moulay Idriss gab es einen singenden Muezzin, der über mehrere Minuten ähnlich eines Chorales zum Gebet rief. Zwar bin ich kein wirklicher Fan von Kirchenmusik, doch die Gebets-Gesänge hatten ihren Reiz.

 

 

Auch die Minarette in Marokko, die uns anfangs eher an Leuchttürme erinnerten, haben uns in ihrer Vielfalt beeindruckt. Die meisten von ihnen sind schlicht und einfach eckig. Aber es gibt auch ein zylindrisches und ein achteckiges Minarett. Mal sind sie aufwändig mit Mosaiken verziert, dann wieder fast unscheinbar grau. Eben wie unsere Kirchtürme in Deutschland.

 

 

Wenn der Ruf des Muezzins erklingt, dann ist es keinesfalls so, dass die Marokkaner alles stehen und liegen lassen und in die Moschee eilen. Vielmehr läuft das alles sehr entspannt. Ist keine Moschee in Reichweite, so wird der Gebetsteppich notfalls auch am Strand oder in einer stillen, abgetrennten Ecke des Arbeitsplatzes ausgerollt.

 

Die Moscheen haben getrennte Eingänge für Männer und Frauen. Wir haben jedoch nie Frauen in die Moschee gehen sehen. Ob sie wohl weniger gläubig sind als die Männer?

 


Wobei wir nun beim Thema Männer und Frauen in Marokko wären. Die Gesellschaft in Marokko ist noch ganz eindeutig von Männern geprägt. Zwar wird vom Königshaus die Gleichberechtigung von Mann und Frau gefordert und unterstützt, aber in der Realität ist es noch ein weiter Weg dorthin. Auch wenn es in den Städten und insbesondere im Norden Marokkos moderne Frauen gibt, europäisch gekleidet und sie Schulen und Universitäten besuchen, sieht es auf dem Land noch anders aus. 

Im Norden beispielsweise konnten wir beobachten, dass sich die jungen Frauen zwar traditionell kleiden, teilweise auch Kopftücher tragen, dass sie damit aber selbstbewusst  modische Akzente setzen. Da blitzte unter dem Kaftan die Shorts hervor und das Kopftuch war schmückendes Accessoire. Eher nett drapiert als verhüllend. Komplett tief verschleiderte Frauen gibt es auch, aber sie bestimmen nicht das Alltagsbild.

Am Strand dagegen sieht man marokkanische Frauen eher weniger. Wenn, dann sitzen sie auf Stühlen im Familienclan unter Sonnenschirmen beisammen und die jungen Frauen gehen komplett bekleidet ins Wasser. Ansonsten sind die Strände hauptsächlich von jungen Männern bevölkert.

 

Die Cafés sind ebenfalls männerdominiert und da fühlte ich mich als Frau zwar nicht unbedingt unerwünscht, aber doch etwas unwohl. Marokkanische Frauen sieht man allenfalls in den Restaurtants und Cafés an Touristenorten. Insgesamt wurde ich als Frau jedoch immer höflich und zuvorkommend behandelt.

 

Auf dem Land hatten wir den Eindruck, dass Frauen die arbeitende Bevölkerung darstellen, während die Männer im Café sitzen, sich vor der Moschee versammeln und auf den Souks ihre Waren verkaufen. Die wirklich harte Arbeit, wie das Sammeln von Feuerholz, das Einbringen von Viehfutter, das Wäschewaschen im Fluss und überhaupt der gesamte Haushalt wird von Frauen erledigt. Bei der Feldarbeit sind die Olivenernte samt Ölpressen Männersache während die Ernte  von Argannüssen und deren Verarbeitung in den Händen von Frauen liegt.

Während sich also die Frauen abschuften und schwere Lasten auf dem Rücken oder Kopf schleppen, lungern ganze Scharen junger Männer am Smartphone daddelnd am Straßenrand herum. Da schwillt mir als Frau schon ordentlich der Kamm und ich würde den Herren gerne in den Allerwertesten treten. Arbeit gäbe es schon, sie müssten nur anpacken.

 

Eine weitere Situation hat mich schier rasend gemacht. Da stand eine Frau mit ihrem Kind an einem Brunnen und füllte Wasserflaschen ab. Es waren derer mehrere und die Frau war damit beschäftigt, die vollen 5-Liter-Flaschen auf einen Handkarren zu stellen. Da kam ein Mann daher, stieß die Frau grob zur Seite, rotzte in den Brunnen und wusch sich das Gesicht, dann zog er wieder ab. Ich dachte, ich sehe nicht gut und das sind Dinge, die ich eindeutig auf der Negativliste meiner Marokkobilanz verbuche.


Der gute alte Benz, er läuft und läuft und läuft....

Preisfrage: wie viele Personen passen in ein Taxi, Modell 240er Diesel Baureihe W123 und Kilometerstand bei defektem Tachometer kurz unter 700.000?

 

Lösung: sieben

 

Wie das geht? Tür auf, vorne drei rein, hinten vier rein und wenn es eng wird, kommen noch zwei aufs Dach 😉

 

Kein Witz, die Personenbeförderung in Marokko ist schon ein wenig abenteuerlich. Entweder man fährt auf der Pritsche eines Docker-Mopeds oder auf dem Dach eines Mercedes-Transporters der Baureihe 207 bis 211 oder eben in einem Mercedes-PKW-Taxi. Die Marke mit dem Stern hat in Marokko noch einen überaus guten Ruf und die historischen Teile laufen und laufen und laufen. Unkaputtbar eben.

 

Ebenfalls unkaputtbar ist der gute alte R4, dem man in Marokko noch sehr häufig begegnet. In allen Erhaltungszuständen.

 

Und es gibt auch noch Werkstätten, die das nach dem 2CV zweitschönste Auto der Welt  tiptop restaurieren!!!

 


Time to say Goodbye

Ja und so wird es allmählich Zeit, sich von Marokko zu verabschieden. Wir sind nun in Tétouan angelangt. Hier spricht man spanisch und die Stadt ist sehr andalusisch geprägt. Lange Zeit war sie in spanischer Hand, was seine Spuren hinterlassen hat. Auch Ceuta oder Sebta, wie es hier heißt, ist nicht weit. Zusammen mit Melilla die letzte spanische Exklave auf afrikanischem Boden.

Tétouan besticht mit wunderschönen Kolonialbauten und einer der kleinsten Medinas Marokkos. Doch dafür ganz und gar untouristisch. Hier kaufen die Marokkaner ein und man kann den Handwerkern bei ihrer Arbeit zuschauen. Kein Kunsthandwerk, sondern Schreiner, Gerber, Kalligrafen, Schneider, Schuster, Uhrmacher. Ganz alltägliche Gewerke eben. Noch eine Stadt, die uns sehr sympathisch ist. 

Unser Kreis schließt sich nun wieder, denn bis zum Hafen in Tanger-Méd sind es nur noch rund 60 Kilometer. In den nächsten Tagen werden wir zurück nach Europa kehren und das Land den allmählich einfallenden Wintertouristen überlassen. Die kommen mittlerweile nämlich in Scharen. Die ersten sind die Franzosen, die in Gruppen mit großen Wohnmobilen samt Kleinwagen auf dem Anhänger anreisen. Aber auch mehreren  Winterflüchtlingen aus Deutschland und Österreich mit ihren Expeditionsmobilen sind wir in den letzten Tagen begegnet. Für uns heißt es jedoch #cominghomeforchristmas.

Doch für die Rückreise wollen wir uns ein wenig Zeit lassen und noch einige Tage in Spanien oder Frankreich verbringen. Je nachdem, wo der Winter noch nicht eingekehrt ist.

Wir melden uns also wieder aus Europa!


Gestrandet vor Gibraltar

nach 80 Reisetagen in Marokko sitzen wir nun bei Regen vor dem Felsen von Gibraltar

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Kommentare: 1
  • #1

    goldfish (Dienstag, 19 November 2019 17:07)

    hi,
    mal Etappe ohne Stress und bösen Überraschungen, schee wars.

    Gruss
    goldfish