Ein letzter Tag in Marokko

Nach 80 Reisetagen in Marokko sitzen wir nun wieder vor dem Felsen von Gibraltar. Unsere letzte Etappe bis zur Fähre nach Tanger-Méd verlief recht entspannt. Landschaftlich noch einmal ein Hochgenuss, denn die Mittelmeerküste ist hier schon ziemlich spektakulär. Wir kamen vorbei an Feriensiedlungen, in denen die reichsten der reichen Marokkaner und – nach der Architektur der Gebäude zu urteilen – etliche Saudis ihre Urlaube verbringen. Auch das marokkanische Königshaus verbringt hier seine Ferien und es gibt streng bewachte Golfplätze samt hermetisch abgeriegelten Residenzen. Wieder mal das volle Kontrastprogramm.

 

Wahrscheinlich ist die starke Militär- und Polizeipräsenz auch der Grund dafür, dass wir nahezu unbehelligt von „Mitreisewilligen“ blieben. Davor hatten wir nämlich ziemlich Sorge, denn die Strecke zum Hafen führte uns nochmals an einer spanischen Exklave vorbei. Ceuta/Sebta galt es zu passieren und nach unseren Erlebnissen vor Nador/Mellila waren wir ziemlich angespannt. Zumal uns bereits am Tor des Campingplatzes in Martil ein Mann mit der Bitte nach einem „Lift to Europe“ angesprochen hatte. 

 

Kurz vor dem Grenzübergang nach Ceuta dann nochmals ein junger Mann, der sich unserem Mumin bedenklich näherte. Ein kräftiger Druck auf unser Signalhorn schreckte ihn jedoch ab und das war es dann auch.

 

Gestern konnten wir allerdings von unserem Stellplatz vor Gibraltar aus beobachten, wie zwei junge Männer von der Guardia Civile aus dem Wasser gezogen wurden.

 

 

 

Der Flüchtlingsproblematik so hautnah zu begegnen, das nagt schon ganz schön an den Nerven. Von anderen Reisenden wurde uns sehr lapidar gesagt, das wäre hier „normal“ und der Großteil würde ohnehin zu den Wirtschaftsflüchtlingen zählen. Nur etwa drei Prozent wären tatsächlich die Opfer von politischer Verfolgung oder Krieg. Das ist nichts wirklich Neues und die wirtschaftliche Not in Marokko konnten wir mit eigenen Augen sehen. Wer würde in dieser Situation nicht die Flucht ergreifen?

 

Dass wir jedoch in solch brenzlige Situationen geraten würden, in denen sich Menschen vor unseren fahrenden 12-Tonner werfen, das möchten wir nicht nochmal erleben. Und es ist etwas anderes, die Not live zu erleben als nur vom heimischen Sofa die Bilder am Fernsehbildschirm zu sehen. Sowas hinterlässt einfach Spuren.

Es sei denn, man ist völlig emotionslos und abgebrüht, so dass einen solche Dinge nicht wirklich berühren.

 

Jetzt aber genug politisiert. Unsere Überfahrt nach Algeciras/Spanien verlief recht entspannt, wenngleich wir erst auf die 19 Uhr Fähre kamen. Wir mussten in Tanger-Méd wieder durch den Scanner, die Zöllner warfen einen Blick hinein in den Mumin und Frank stand mal wieder in Socken vor der Tür (die genauen Hintergründe zur Socken-Geschichte ist in unserem Rumänien-Reisebericht nachzulesen). Das war es dann auch schon und das gesamte Prozedere vom Einchecken in Tanger-Méd bis zum Auslaufen aus dem Hafen in Algeciras dauerte rund vier Stunden – inklusive der Überfahrt von 90 Minuten. In Spanien angekommen ging es ratzfatz durch den Zoll, wir mussten nur unsere Pässe zeigen und das war’s auch schon.

 

Dass wir einen Vierbeiner dabeihatten, dem wir vor unserer Reise ein tierärztliches Attest samt Titter-Bestimmung hatten ausstellen lassen, interessierte niemanden. Die Papiere vom Hund wollte keiner sehen. Weder in Marokko noch in Spanien.

 

So kamen wir bei Dunkelheit gegen 21 Uhr in Algeciras an und steuerten sogleich den bereits bekannten und nicht ganz schlechten Stellplatz in der Marina von La Linéa vor dem Felsen von Gibraltar an. Bei der kurzen Fahrt über die Stadtautobahn waren wir sofort wieder nach Europa zurückkatapultiert. Hell erleuchtete Einkaufstempel, breite Straßen, lesbare Beschilderungen.  Und dann die nächtliche Kulisse des beleuchteten Felsen vor der Bucht. Hach ja, das habe ich schon ein wenig vermisst.

 

 

 

Der Stellplatz war dann auch weitaus voller als bei unserem ersten Besuch. Neben einer Gruppe mit Wohnmobilen aus Schweden auch ganz dicke Schiffe der Nobelmarken Concorde und Co. In der Marina ein ziemlich schicker Katamaran-Hochsee-Segler, der magisch blau von Unterwasserscheinwerfern beleuchtet ist.

 

Da gesellen wir uns jetzt einfach mal dazu und sonnen uns im Glanz der Schönen und Reichen 😉

 

 

 

Es gibt noch ein verspätetes Abendessen mit unserer Notfall-Pasta-Pesto-Verpflegung samt der einzigen und damit letzten Flasche marokkanischen Touareg-Rotweines. Dann tief durchatmen – wir sind zurück in Europa.

 


Von den ganz profanen Dingen des Reisens

Am nächsten Morgen Regen in Südspanien. Wir beschließen spontan, noch hier zu bleiben. Einfach ankommen, entspannen und Hausarbeit erledigen. Es gibt mehrere Waschsalons und Frank verbringt den Tag damit, einen Kampf mit Waschmaschine und einem defekten Trockner auszufechten. Behauptet er jedenfalls. Ich mache mir dagegen so meine Gedanken, was mein Mann den lieben langen Tag im Waschsalon so macht….

 

Wie auch immer, der Wäscheberg wird kleiner. Ich arbeite an unserem Reiseprojekt, draußen Aprilwetter und insgesamt stehen wir hier gar nicht so schlecht.  Eigentlich nur ein Parkplatz, aber alles sauber und nicht umzingelt von Plastik- und sonstigem Müll. Der Hund kommt zwar mit nassen, aber ansonsten sauberen Pfoten wieder rein. Das hat schon seine Vorteile, die wir mittlerweile zu schätzen wissen.

 

Am Abend geht es in die Kneipe der Marina, wo wir unser Feierabend-Viertele in Form eines sehr guten, spanischen Rotweines zu uns nehmen. Leider kommen wir schon gesättigt hierher. Was hier in dieser unscheinbaren Kneipe aus der Küche kommt, sieht verdammt lecker aus. Noch ein Verlängerungstag??? Schaun wir mal. Wir haben ja Zeit 😉

 

Das Publikum in der Kneipe ist very british. Und da wird dann plötzlich auch über den Brexit debattiert. Man ist davon überzeugt, dass der Austritt Großbritanniens gut wäre für das Inselvolk und schlecht für das nicht funktionierende Europa. Na, dann macht doch endlich mal einen Knopf dran!

 

 

Dann sind noch einige junge Leute unterschiedlicher Nationalität hier. Polnisch und Russisch können wir ausmachen. Und ein deutsches Paar, das auf der Suche nach einer Überfahrtmöglichkeit nach Südamerika ist. Wie wir aus den Gesprächen heraushören werden hier wohl Segelboote unter anderem auf die Kanaren und weiter überführt. Das findet jetzt in der Wintersaison statt und es gibt wohl Mitsegelmöglichkeiten. Interessant, was sich hier so tummelt.

 

Ja und in der Nacht regnet es sich so richtig ein. Und die Wetterprognosen verkünden sogar Sturm. Weiterfahren oder nicht? Irgendwie haben wir keine Eile und ich beschließe, hier in Spanien noch einen Frisör aufzusuchen. Frank war ja in Marokko bereits zweifach erfolgreich bei einem Barbier. Die gibt’s dort an jeder Ecke und auf jedem Dorf. Aber eben nur für Männer!!! Haarschnitt und Rasur mit Kopfmassage und Gesichtspackung für 50 DH (5,00 Euro). Die Frauen lassen sich wohl irgendwo privat im Hinterstübchen die Haare schneiden. Jedenfalls konnte ich nirgends einen Damenfrisör entdecken. Und mein Schopf wird mir so ganz allmählich lästig.

 

Also geht’s los in die „historische Altstadt“ von La Línea. Historisch, nun ja – viel gibt’s da irgendwie nicht zu sehen. Aber ich entdecke die ersten Weihnachtsdekorationen in den Schaufenstern. Wird ja auch Zeit, dass wir uns so langsam in Weihnachtsstimmung versetzen. Irgendwie geht das in diesem Jahr völlig an uns vorüber.

 

Ich finde tatsächlich einen großen, modernen Frisörsalon. Nur ist außer zwei Frisörinnen niemand drin. Ist das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen? Egal, der Pelz muss runter. Notfalls wird danach eine Mütze aufgesetzt bis ich wieder zuhause im Frisörsalon meines Vertrauens bin.

 

Aber die junge Dame ist nett, spricht englisch und es wird ein ganz unterhaltsamer Vormittag. Sie gibt mir Tipps zu Spanien, ich erzähle über Marokko, bekomme eine entspannende Kopfmassage und auch das Ergebnis des Haarschnitts ist ganz ok. Passt, aber ich bezahle dafür dann auch 30 Euro. Und das ohne Gesichtspackung. Das sind mal wieder die Ungerechtigkeiten dieser Welt.

 

Und es regnet weiter. Dafür ist unser Plätzchen hier in der Marina gar nicht übel. Draußen gibt es viel zu gucken und heute scheint ein Segelkurs stattzufinden. Jedenfalls kreuzt eine kleine, aber vollbesetzte Jacht im Hafenbecken und die Mannschaft übt wohl das An- und Ablegen. Ist spannender wie Kino und wir können von unserem Mumin aus bei einem Tässchen Kaffee im Warmen zuschauen.

 

Jetzt hoffen mal, dass das Wetter doch noch ein wenig besser wird, denn eigentlich wollten wir uns hier ja noch den Felsen hinter uns anschauen. Wir werden berichten.

 


Das Abenteuer geht weiter....

auch in Europa kann das Reisen abenteuerlich sein

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Kommentare: 1
  • #1

    goldfish (Donnerstag, 21 November 2019 16:41)

    Wieder wohlbehalten in Europa.Welcome back
    Gruss
    goldfish