Ab in den Süden - Jura, Lyon, Provence und Languedoc im Mai 2016


In der Muße scheint das Glück zu liegen.

Es gehört denen, die sich selbst genügen.

Aristoteles


Faulenzertage im Languedoc


Heute ist eine eher bedeckter Tag, teilweise schauert es sogar ein wenig. Genau das richtige Reisewetter. 200 Kilometer liegen heute vor uns zur letzten Etappe in "unser" Gruissan im Languedoc. Den dortigen Campingplatz erreichen wir bereits um die Mittagszeit. Er scheint unter neuer Regie zu sein, denn das Rezeptionsgebäude ist komplett modernisiert, es wird Vorkasse verlangt (sehr störend) und der gesamte Campingplatz ist so gut wie leer. Seit dem letzten Jahr wurden wohl keine weiteren Investitionen mehr getätigt und uns schwant nichts Gutes. Nichts desto trotz finden wir ein schönes Plätzchen, haben weit und breit keine Nachbarn, das Sanitärgebäude fast für uns alleine. Und das Mitte Mai. In Baden-Württemberg und Bayern sind Pfingstferien. Wo sind denn alle? Kommen die Touristen erst zur Fußball-EM? Oder haben alle Angst vor dem Terror? Der Eindruck setzt sich später im Ort noch fort. Alles wirkt irgendwie wie ausgestorben. Uns soll es ganz Recht sein. Wir genießen die Ruhe, statten gleich am Abend der Perle Gruissanaise einen Besuch ab, essen Austern und Meeresfrüchte und beschließen, hier einfach ein paar Tage faul abzuhängen. Wir werden alle unsere Kräfte brauchen, denn im Herbst stehen einige dicke Brocken zur Bewältigung an.

 


Markttag in Gruissan

Zu unseren traditionellen Aktivitäten in Gruissan gehört der Marktbesuch. Immer montags, mittwochs und samstags herrscht in der Altstadt buntes Markttreiben und wir genießen es, mitten drin dabei zu sein. Einkäufe für die Campingküche, einen Kaffee oder ab und zu auch ein Gläschen Wein, das gehört für uns einfach zur perfekten Urlaubsstimmung dazu.


Ausflug nach Narbonne

Ein Ausflug führt uns nach Narbonne. Wir wandeln also weiterhin auf den Spuren der Römer und genießen auch hier Markt-Atmosphäre. Allerdings wurde der Markt, der ursprünglich entlang des Canal de la Robine unter den Platanen statt fand, im Zuge von Stadtentwicklung und Umbau der Promenade auf eine Parallelstraße verlegt. Wir finden diese Verlagerung nicht wirklich gelungen, aber es wird schon seinen Grund haben. Die Markthalle ist jedoch noch an ihrem angestammten Platz und hier genehmigen wir uns ein leckeres Tapas-Frühstück. 


Regentag: Ausflug entlang der Küste bis nach Port-la-Nouvelle

Einen ziemlich verregneten Sonntag verbringen wir mit einer Ausflugsfahrt entlang der Küste bis nach Port-la-Nouvelle. Hier waren wir schon seit Jahren nicht mehr. Mal schauen, was sich verändert hat. Sonderlich schön fanden wir diese Hafenstadt schon damals nicht. 

Unsere Anfahrt verläuft zunächst durch die Küstenlandschaft mit ihren Binnenseen und Kanälen in den kleinen Fischerort Bages. Unterwegs sehen wir wieder Flamingos, aber ein geplanter Spaziergang fällt sprichwörtlich ins Wasser. Der Nieselregen wächst sich zu einem richtigen Wolkenbruch aus. 

 

In Port-la-Nouvelle stellen wir das Auto ab und spazieren auf einer Kai-Mauer hinaus zu einem Leuchtturm. Es ist ziemlich stürmisch und die Wellenbrecher tun ihren Dienst. Dazu die Gischt und am Ende sind wir ziemlich durchfeuchtet. Es ist trotzdem toll, sich den Kopf mal wieder richtig durchpusten zu lassen. Port-la-Nouvelle ist und bleibt für uns aber eher eine wenig reizvolle Stadt.


Ein Besuch in der Saline L'Île Saint Martin in Gruissan

Neben langen Strandspaziergängen haben wir unter anderem auch der Saline einen Besuch abgestattet. Nachdem die Anlage lange Jahre im Dornröschenschlaf lag, wird sie nun wiederbelebt und es gibt jedes Jahr etwas Neues. Dieses Mal haben wir den Eindruck, dass die Anzahl der Salzbecken erweitert wurde um mehr des weißen Goldes zu gewinnen. Anscheinend lohnt es sich für die Betreiber wieder, diese alte Tradition wiederaufleben zu lassen. 


Wandertag in Gruissan - Tour "Les Goules"

Rund um Gruissan gibt es einige sehr schöne ausgewiesene Wanderwege. Die Tourenbeschreibungen sind im Office de Tourisme erhältlich und wir unternehmen die Tour "Les Goules" ab der Domaine Château Bel Évêque, dem Weingut des Schauspielers Pierre Richard. Zunächst geht es entlang der Etangs und dann über ein Felsplateau entlang der Küstenlinie und schließlich durch Wald und vorbei an Weinbergen wieder zurück. Diesmal finden wir auch den richtigen Abzweig, so dass es eine relativ kurze,  wenn auch leicht anstrengende Tour von rund 2 Stunden wird. 


Ohne viele Worte - Strandimpressionen


Abschied von Gruissan

Wie immer geht auch dieser Urlaub irgendwann einmal zu Ende und am 25. Mai wird es Zeit für den Heimweg. Der ist allerdings nicht ganz ohne Komplikationen. Wie wir im Radio erfahren, befinden sich die Franzosen wegen der geplanten und höchst umstrittenen Arbeitsmarktreformen im Ausnahmezustand. So werden unter anderem die Raffinerien bestreikt, was zu einer Treibstoff-Knappheit führt. Zunächst können wir es kaum glauben, aber vor der Tankstelle in Gruissan hat sich bei dieser Ankündigung bereits eine lange Warteschlange gebildet. Wir nehmen es zunächst gelassen und können einige Tage später ohne Wartezeit unser Auto für den Heimweg mit Diesel volltanken. Alles nur heiße Luft???


Heimfahrt mit Hindernissen

Zunächst problemlos treten wir am 25. Mai unsere Heimfahrt an. Vollgetankt sollte das mal bis nach Valence reichen. Doch bereits ab Montpellier heißt es auf der Autobahn: "Plus de gazole" - Nix mit Diesel also. Erst auf der A7 bei Mornas bekommen wir wieder etwas. Allerdings ist die Abnahme auf 20 Liter begrenzt, doch damit kommen wir bis zu unserem Zwischenübernachtungs-Stopp in Lons-le-Saunier. Auch hier ist der Campingplatz im Gegensatz zu den Vorjahren noch sehr schwach besucht. Wir verbringen hier also eine ruhige Nacht und nehmen am darauf folgenden Fronleichnamstag die restlichen Kilometer unter die Räder. Im Jura bekommen wir nochmals genügend Diesel, um damit bis über die deutsche Grenze zu kommen. Es ist schon sehr spannend und kaum zu glauben, welche Auswirkungen solch ein Streik hat. Wir sehen es jedoch entspannt - es gibt Schlimmeres, als in Frankreich noch für ein paar Tage in die Verlängerung zu gehen.


Reisefazit

Wie immer möchten wir auch diesmal ein kleines Reisefazit ziehen. Hinter uns liegen dreieinhalb schöne Wochen. Im Mai war es wettertechnisch im Süden zwar noch etwas unbeständig und der Wind hat für erfrischende Temperaturen gesorgt. Dennoch konnten wir die Zeit in vollen Zügen genießen.

Sehr schön war es, den Weg in den Süden in längere Etappen aufzuteilen und Landstriche anzuschauen, an denen wir sonst nur achtlos vorbei gebraust sind. Frankreich ist einfach mehr als Paris, Provence und Côte d'Azur. Das Land ist unglaublich vielseitig, wir sind wieder vielen netten Menschen begegnet und haben durchweg positive Erfahrungen gemacht. Fast zwei Wochen dauerte es also, bis wir in "unserem" Gruissan angekommen waren. An diese Art des Reisens könnten wir uns gewöhnen und es ist schon mal ein Vorgeschmack darauf, was wir in unserem "Projekt 60+" mal vorhaben. Und dreieinhalb Wochen sind ebenfalls schon mal ein Zeitfenster, bei dem es möglich ist sich zu erholen und auch den nötigen Abstand vom Alltag zu nehmen. Wir sind also auf einem guten Weg...