A Day on Sea, die Heimreise und ein Reisefazit

Wieder ein Tag auf See und das bei einem strahlend blauen Himmel!!! Das Baltikum verabschiedet uns also mit Sonnenschein pur und von zuhause trudeln die Schlechtwetter-Nachrichten ein. Kälte, Regen und sogar Schnee bis in die Niederungen. Da verspüren wir so gar keine Lust auf die Heimat.

Also genießen wir jetzt den Vormittag windgeschützt draußen auf einer Bank und bekommen dabei einiges zu sehen. Dieser Teil der Passage verlief auf der Hinreise bei Nacht.

 

Wir kommen vorbei an der Insel Bornholm, sehen riesige Offshore-Windparks, haben Sicht auf die Kreidefelsen von Rügen, begegnen anderen Fähren, Frachtern und schönen Segelbooten. Kurzum: es gibt viel zu gucken und wir haben Muse, unsere Reiseeindrücke zu verarbeiten.

Je näher wir der Kieler Förde kommen, desto schlechter wird das Wetter. Es ist bewölkt und pünktlich zu unserer Einfahrt in den Hafen beginnt es auch zu regnen. Da würden wir am liebsten wieder umdrehen.

Aber es hilft nix, wir müssen von Bord und das wird nochmal ein richtiges Abenteuer. Wie schon bei der Hinfahrt wollen alle gleichzeitig vom Schiff, doch auch jetzt haben die Einweiser alles im Griff. Ein Fahrzeug nach dem anderen wird heraus gewunken und Frank muss sich sprichwörtlich blind - weil  mit eingeklappten Seitenspiegeln - auf die Einweiser verlassen. Rückwärts bugsiert er den Mumin hinaus während ich hinten unseren Reisehund betüddle. Er freut sich riesig uns zu sehen und der Streß ist ihm anzumerken.

Somit legen wir  noch im Hafen einen Stopp ein, packen den Hund trotz Regen aus, Frank dreht mit ihm eine Runde und ich räume derweil auf.

Der Adrenalin-Spiegel hat sich danach bei allen ein wenig gesenkt und wir beschließen noch ein Stück in Richtung Heimat zu fahren.

 

Südlich von Hamburg beim Wildpark in der Lüneburger Heide finden wir nur einen Steinwurf von der Autobahn entfernt einen ruhigen und großzügigen Übernachtungsplatz. Von hier aus können wir am nächsten Tag die restlichen 660 Kilometer in Angriff nehmen, so dass wir am 9. Mai wieder wohlbehalten und voller neuer Eindrücke zuhause ankommen.


Reisefazit und Reisebegegnungen

Nach rund 4.300 Kilometern und 26 Reisetagen wird es wieder einmal Zeit, ein Fazit zu ziehen.

Um es vorneweg auf den Punkt zu bringen: es war einfach grandios. Wir waren zwar noch nicht in Skandinavien, aber wir sind uns fast sicher, dass es Norwegen, Schweden und Finnland nach dieser Baltikumreise schwer haben werden ;)

 

Hier also unser Resumée im Detail:

 

Die Technik

Nach fast zwei Jahren mit unserem Mumin beherrschen wir die Technik des Riesenbabys immer besser. Vor unserer Reise bekam der Dicke neue Batterien für die Stromversorgung an Bord. Wir sind mittlerweile fast überzeugt davon, dass wir die alten Batterien auf unserer Jungferntour im Mai 2017 aus eigener Dummheit "zerschossen" haben und deshalb immer wieder Probleme mit der Energieversorgung hatten.

Nach ausführlichen Recherchen und Rückfragen bei verschiedenen Experten haben wir uns gegen die aktuell viel verwendeten Lithium-Ionen-Batterien entschieden und statt dessen sechs Gel-Batterien á 220 AH verbaut. Zum einen aus Kostengründen, zum anderen wären am bestehenden Equipment ebenfalls einige Veränderungen erforderlich geworden. Zudem sind die Langzeit-Erfahrungswerte mit der neuen Generation von Batterien noch nicht gegeben.

Unser Fazit ist ein sehr Positives. Wir konnten die komplette Reise über autark stehen, haben keinen zusätzlichen Außenstrom benötigt und konnten problemlos kochen, backen und Warmwasser produzieren. Unsere Emma (das Notstromaggregat) lief nur einziges Mal. Aber nicht, dass wir sie gebraucht hätten, sondern weil wir sie einfach mal wieder in Betrieb nehmen wollten. Die Sonne hat uns im Norden ja nahezu dauerhaft mit Energie versorgt, so dass wir immer gut versorgt waren.

 

Bezüglich unserer Wasserversorgung haben wir dazu gelernt. Vor unserer Tour wurden diverse Wasserfilter ersetzt. Was wir bislang weder gebraucht noch ausprobiert hatten war der sog. "Befüllfilter". Mit ihm wird das Wasser bereits beim Einfüllen in den Tank gefiltert. Da waren wir der Meinung, dass die Wasserqualität innerhalb Europas diese Vorsorge nicht erforderlich machen würde. Hätten wir mal besser gründlicher recherchiert, denn beim Wasserfassen auf dem Campingplatz in Nida haben wir uns eine gehörige Portion Rostpartikel eingefangen. Dadurch setzten sich die nachfolgenden (nagelneuen) Filter ziemlich schnell zu und wir hatten nur noch einen sehr unzureichenden Wasserdruck im Mumin.

Auf dem Campingplatz wurden nach der Frostperiode gerade die Wasserhähne im Außenbereich in Betrieb genommen. Somit waren wir wohl die ersten Touristen, die den Winterrost aus den Leitungen abbekommen haben. Shit happens.

 

Die Reiseplanung

Unsere Tour wurde im Vorfeld wieder grob geplant und unsere "Things-to-see-Liste" in einem Roadbook erstellt. Insgesamt sind wir diesmal kaum von der Planung abgewichen, mussten jedoch einige Ziele unterwegs aus Zeitgründen streichen. Es wäre sonst allzu hektisch geworden. Und man braucht schließlich noch Gründe um wieder zu kommen. Und so sah letztlich unsere genaue Runde im Baltikum aus:

 


Die Reiseländer

waren allesamt zauberhaft. Wir haben ausnahmslos gute Erfahrungen gemacht, sind überall auf wunderbare Landschaften, lebendige und moderne Städte sowie freundliche Menschen gestoßen. Das hätten wir so nicht erwartet. Sehr beeindruckt waren wir von der Sauberkeit aller drei Länder. Wir mussten wieder einmal feststellen, dass Deutschland in vielen Dingen enormen Nachholbedarf hat und dass die Vorurteile gegenüber dem Osten, die teilweise in unseren Köpfen waren, längst der Vergangenheit angehören.

Ein Ranking innerhalb der drei Reiseländer fällt uns schwer. Jedes für sich hatte seine Vorzüge und Reize.


Litauen:

Die drei Farben der Flagge symbolisieren die litauischen Werte: Gelb steht für Sonne, Licht und Güte, Grün bedeutet Natur, Freiheit und Hoffnung, Rot ist das Land, der Mut und das Blut, welches für die Heimat vergossen wurde.

Für uns war Litauen das am Westlichsten geprägte Land. Vilnius eine sehr moderne und coole Stadt mit wunderschöner Architektur, die Kurische Nehrung einfach zauberhaft und die Infrastruktur in den Naturparks vorbildlich.

Problematisch scheint der Alkoholismus zu sein, dem wir an verschiedenen Stellen begegneten.

Vielleicht der Grund dafür, dass Alkohol in Litauen nur in Bars und Restaurants bzw. zuhause konsumiert werden darf. Verboten ist dies auf der Straße, in Parks und streng genommen auch vor dem Wohnmobil auf Campingplätzen.


Lettland:

Auch hier symbolisiert das Rot das Blut, das für die Unabhängigkeit Lettlands vergossen wurde. Das Weiß steht dagegen für Reinheit und Gerechtigkeit.

Wir hatten das Gefühl, das Lettland und die Letten einen sehr ausgeprägten Nationalstolz haben und an ihren Traditionen festhalten. Vielleicht war dies dem Nationalfeiertag geschuldet, der während unseres Aufenthalts in Lettland gefeiert wurde.Vielleicht ist es ganz einfach aber auch eine Grundeinstellung.

Für uns war es auch das Östlichstes der drei baltischen Staaten. Vieles erinnerte noch an die russisches Besatzungszeit, viele Plattenbauten, orthodoxe Kirchen und teilweise noch ärmliche Dörfer.

Außerdem ist uns aufgefallen, dass in Lettland das Preisgefüge nicht wirklich stimmt. Teilweise werden doch recht hohe Preise verlangt, die Leistung dafür jedoch noch nicht erbracht.  Aber auch dies ein rein subjektiver Eindruck.


Estland:

Die blau-schwarz-weiße Flagge Estlands war ursprünglich die Flagge einer Studentenverbindung, und wurde im Jahre 1881 das erste mal in der Universitätsstadt Tartu gehisst. Später war sie verboten und heute stehen das Blau  für Treue und Vertrauen, das Schwarz für die Ahnen und die Vergangenheit und das Weiß für den Schnee und die Zukunft.

Estland ist das Land, das am meisten von Skandinavien geprägt ist. Es herrscht nach unserem Gefühl eine lockere Entspanntheit, es ist modern ausgerichtet und der Anspruch auf Internet ist tatsächlich als Grundrecht im Gesetz verankert.

Da wundert es nicht, dass es nahezu überall offene WLAN-Netze und rasant schnelles Internet gibt. Angeblich wurde auch "Skype" - das Telefonieren über das Internet - in Estland erfunden. Für uns das Fortschrittlichste der drei baltischen Länder und vielleicht auch unser heimlicher Favorit.


Kurzum: unsere Reise war wieder einmal voller neuer Eindrücke und das phantastische Wetterglück tat ein Übriges, damit wir die Zeit im Baltikum in vollen Zügen genießen konnten.

Wir waren anfangs etwas skeptisch, ob unsere Reisezeit von Mitte April bis Mitte Mai wirklich gut gewählt ist. Rückblickend lässt sich sagen: JA, ABSOLUT!

Es waren noch so gut wie keine Touristen unterwegs, die Natur war gerade so in den Startlöchern und durch die noch unbelaubten Bäume hatten wir oft schöne Aus- und Weitblicke. Ja, es war teilweise noch ziemlich frisch, aber uns hat das nicht gestört. Ein Badeurlaub war ohnehin nicht vorgesehen.


Und noch ein kleiner Nachtrag zum Thema: "Reisen mit Hund auf der DFDS-Seaways-Fähre"

Wie bereits im Blog beschrieben verlief die Versorgung unseres Vierbeiners während der Fährfahrt leider suboptimal. Da wir kurz nach unserer Rückkehr per E-Mail nach einer Kundenbewertung befragt wurden, haben wir unsere Kritik geäußert. Außer diesem Punkt war ja alles vorbildlich und reibungslos. Genau das brachten wir zum Ausdruck.

Und siehe da: Kundenfreundlichkeit wird beim Unternehmen ebenfalls groß geschrieben. Innerhalb weniger Stunden reagierte man bei DFDS auf unser Anliegen, entschuldigte sich mehrmals und erstattete uns aus Kulanzgründen einen Teil der Transportkosten für den Hund. Ein feiner Zug, wie wir finden.