Riga - die Diva unter den Hauptstädten

Unser Weg nach Riga ist sprichwörtlich mit Steinen gepflastert und kostet uns ziemlich viele Nerven. Zunächst geht es durch eine verwirrende Baustelle, dann erreichen wir zur besten Feierabend-Verkehrszeit die Stadtgrenzen von Riga. Hier stehen wir erst einmal im Stau. Nix geht mehr. Weder vorwärts noch zurück.

Dann befragen wir mangels ordentlicher Beschilderung Tante Google nach dem Weg zum Fährhafen, wo wir uns einen Parkplatz ausgeguckt haben. Die leitet uns von Stau zu Stau auf Umwegen zu unserem Ziel.

Zweieinhalb Stunden durch Riga - das ist fast schon rekordverdächtig. Ziemlich entnervt erreichen wir schließlich den Parkplatz am Hafen, auf dem ein weiteres Fernreisemobil der Marke Füss aus der Schweiz steht.

Für 12 Euro für 24 Stunden richten wir uns häuslich ein mit direktem Blick auf den Fluss Daugava, der hier in die Rigaer Bucht mündet.

Nach einer kurzen Gassi-Runde treiben uns Kälte, Hunger und Regengüsse nach drinnen. Nach Sightseeing ist uns heute irgendwie nicht mehr zumute.

Dafür genießen wir von unserem gemütlich warmen Mumin aus ein grandioses Aprilwetter-Szenario mit dramatischen Wolken, Regenbogen und Sonnenuntergang sowie eine spektakulär beleuchtete Skyline von Riga.


Schiffe gucken in Riga

Am gestrigen Abend konnten wir gegen 23.00 Uhr das Auslaufen eines Fährschiffes nach Großbritannien beobachten. Ziemlich spektakulär musste der große Dampfer auf dem Fluß ein Wendemanöver absolvieren bevor er begleitet von Schlepp-Schiffen hinaus in Richtung Rigaer Bucht fahren konnte.

Mit dem Mumin sitzen wir mal wieder in der ersten Reihe ;)

In der Nacht zogen noch einige Regenschauer über uns hinweg, aber der heutige Morgen sieht ganz nett aus. Nur ein eisig kalter Wind bläst um die Ecke. Beim Frühstück können wir dann ein weiteres Schauspiel beobachten. Um uns herum erwacht der Fährhafen.

Erst kommt ein größeres Marineschiff - eskortiert vom Hafenschlepper - und legt wenige Meter entfernt an. Dann folgen weitere Marineschiffe unter französischer Flagge. Eines davon "parkt" direkt vor unserer Nase und wir schauen uns dieses Manöver aus der ersten Reihe und noch im Schlafanzug an. Kurz darauf folgt ein riesiges Kreuzfahrtschiff - die "Rotterdam" - ebenfalls bis zum Anlegekai von einem Schlepper eskortiert.

Vor lauter Schauen, Staunen und Gucken vergessen wir fast unser Frühstück und der Kaffee wird in den Tassen kalt.

Dann treffen die ersten Touristenbusse für die Kreuzfahrer, Shuttle-Busse für die Marine-Soldaten und die roten Hop-on-Hop-off-Busse für das Sightseeing ein. Gewimmel pur um uns herum und Zeit, dass auch wir in die Puschen kommen.

Also Mütze und Handschuhe ausgepackt und los geht's zu unserem Riga-Abenteuer.

Von unserem Stellplatz am Hafen erreichen wir die Altstadt in wenigen Minuten zu Fuß. Kurzzeitig erwägen wir die Touristenvariante mit einem Hop-on-Hop-off-Bus zu wählen. Aber 20 Euro pro Person erscheinen uns dann doch ziemlich teuer.

Noch sind wir ja gut zu Fuß und wir sind auch von Riga ziemlich schnell fasziniert. Schloss, Dom, Gildehäuser und die prachtvollen Jugendstilgebäude - hinter jeder Ecke wartet eine neue Überraschung. Unser Rundgang wird begleitet von einem Aprilwettergemisch aus Sonne, Wolken und Graupelschauern. Somit suchen wir immer wieder Möglichkeiten zum Aufwärmen.

Der erste Stopp ist "Hobbywool" - ein toller Laden, der mein Herz höher schlagen lässt. Neben vielen bunten Strickprodukten gibt es auch Handstrickgarne zu kaufen. Überraschenderweise fast ausschließlich Markenwolle, die aus Deutschland bekannt sind. Und die ist nicht wirklich preiswert. Somit fällt es nicht allzu schwer, mich beim Kauf zurückzuhalten. Ich erstehe "nur" ein Buch mit lettischen Strickmustern für Handschuhe und Handstulpen.

Frisch aufgewärmt geht es weiter in Richtung Zentralmarkt. Das ist wirklich der Knüller und in seiner Dimension haben wir so etwas noch nicht gesehen. In fünf ehemaligen Zeppelinhallen und im Außenbereich gibt es einfach alles. Sortiert nach Fleisch-, Fisch-, Gemüse- und Käsehalle lassen wir uns treiben, schauen, probieren und genießen die Aromen, die durch die Hallen wehen. Natürlich wird auch eingekauft und wir erstehen Honig, Rigaer Sprotten, getrocknete Pilze und ein ofenwarmes, mit Käse gefülltes Fladenbrot zur Stärkung.

Im Außenbereich gibt noch etliche weitere Stände mit Obst und Gemüse, Blumen, Kleidung.... Hier könnten wir stundenlang verweilen, schauen und genießen.

Bei unserem Bummel über den Markt entdecken wir eher zufällig "Stalins Geburtstagstorte".

Ein riesiges, verschnörkeltes Bauwerk, in dem heute die Akademie der Wissenschaften untergebracht ist. Das Beste an diesem Gebäude: man kann im Turm auf eine Panoramaplattform im 17. Stock hinauffahren und einen phänomenalen Ausblick über Riga genießen. Mit uns sind kaum Menschen hier oben und wir kommen nur kurz ins Gespräch mit einem Franzosen. Offenbar ist dies noch eine Art Geheimtipp.

Auf dem Aussichtsturm weht der Wind sehr, sehr eisig und wir sind nun ziemlich unterkühlt.

Also machen wir uns auf den Weg zurück in die Altstadt. Ebenfalls eher zufällig entdecken wir das Backpacker "Old-Town-Hostel", in dem ein VW-Bulli zur Bar und Rezeption umfunktioniert wurde. Außerdem gibt es eine beeindruckende Sammlung mit Bierdosen aus aller Welt.

Wir bekommen einen liebevoll zubereiteten Capuccino und wärmen uns hier drinnen ein wenig auf.

Weiter geht es vorbei am Schwarzhäupterhaus - eine der Hauptsehenswürdigkeiten in Riga - durch einen Einkaufstempel in Richtung Unabhängigkeitsdenkmal. Hier wird gerade eine Veranstaltungsbühne aufgebaut und wir kapieren endlich, warum in Lettland alle Gebäude und Häuser beflaggt sind. Morgen ist der 4. Mai - der Unabhängigkeitstag Lettlands - der mit verschiedenen Events gefeiert wird.

Wir kehren noch auf ein spätes Mittagessen ein bevor es zurück zum Mumin geht.

Zurück am Mumin können wir noch eine sehr offiziell aussehende Parade bzw. eine Art Gelöbnis beobachten. Zelebriert auf dem französischen Marineschiff. Na, da waren wir doch mal wieder bestens und hoch offiziell bewacht ;)

Dann starten wir unseren Weg hinaus aus Riga. Der Plan ist, irgendwo im nahen Kurort Jürmala an der Küste der Rigaer Bucht zu übernachten. Und unser Weg aus Riga hinaus schaut auch ganz easy aus. Bis uns eine Höhenbegrenzung von 3,10 Metern sowie die wieder absolut mangelhafte bzw. überhaupt nicht vorhandene Beschilderung einen Strich durch die Rechnung machen.

Es ist nicht zu fassen, dass man weder zu einem Fährhafen Schilder findet noch wieder raus. Oder wir sind einfach zu blöd zum Lesen / Interpretieren der lettischen Straßenschilder.

Kurzum: die Navigation führt fast zum Ehekrach, wir vollführen auf der Schnellstraße einen etwas halsbrecherischen U-Turn-Back und kommen so doch noch auf die richtige Ausfallstraße hinaus aus Riga.


Unser Fazit für Riga:

Aller guten Dinge sind drei und auch die dritte der baltischen Hauptstädte hat uns begeistert. Jede Stadt für sich ist einzigartig und keine ist mit der anderen zu vergleichen. So hat sich Riga uns als eine etwas zickige Diva präsentiert. Sie nennt sich ja auch das "Paris des Nordens".

Angefangen von der oben bereits erwähnten wenig touristenfreundlichen Beschilderung im Straßenverkehr über die Wetterkapriolen mit Wind, Graupel und kühlen Temperaturen bis hin zu teilweise überraschend hohen Preisen. Trotzdem waren wir auch hier angetan vom Flair der Stadt - insbesondere vom Zentralmarkt. Für uns eines der Highlights. Dazu die Jugendstilarchitektur, der man in Riga auf Schritt und Tritt begegnet. Kurzum: Riga war anstrengend, aber ein Erlebnis.


Rund um Kap Kolka