Rund um Kap Kolka

Nachdem wir den richtigen Weg aus Riga hinaus gefunden haben ist die weitere Strecke einfach. Unser angestrebtes Ziel ist Jürmala. Der Kurort an der Bucht von Riga war bereits den russischen Zaren beliebt und er liegt nur etwa 30 Kilometer von der Metropole entfernt. Also fast noch ein Vorort.

Unsere Recherche hat ergeben, dass dass es  in Jürmala nur offizielle Campingplätze gibt, die aber erst Mitte Mai öffnen. Zudem wird eine Art Eintritt/Maut für Jürmala erhoben. Das ist es uns dann doch nicht wert und wir fahren auf der Schnellstraße um den Ort herum.

Dann wechseln wir wieder auf die Küstenstraße, wo ein trister Vorort mit Wohnblocks dem anderen folgt. Sehr sowjetisch und es sind auch etliche russische Autos zu sehen. Ein erster potenzieller Übernachtungsplatz wird schnell verworfen, denn unser Bauchgefühl sagt "NEIN".

So landen wir nach fast 100 Kilometern (so weit wollten wir heute nicht fahren) sehr idyllisch am Engure See.

Der See ist ein riesiges Vogelschutzgebiet mit Forschungsstation. Außerdem leben hier wilde Tarpan-Pferde sowie eine Rinderherde. Beides bekommen wir bei unserem Abendspaziergang leider nicht mehr zu Gesicht und wir gehen bald in den Feierabend-Modus über. Der Tag heute war toll, aber auch recht angstrengend.

Am Morgen scheint die Sonne über dem See und wir hatten wieder einmal eine fantastisch ruhige Nacht in der freien Natur.

Frisch ausgeruht sind wir bereit für neue Taten und machen uns auf den Weg zum Kap Kolka. Leider währt der Sonnenschein nicht lange und die Schnee- und Graupelschauer wechseln sich mit der Sonne ab. Aprilwetter im Mai eben.

Bei der weißen Düne von Parciems legen wir einen ersten Stopp ein. Ein Rundweg auf Holzplanken führt durch ein gewaltiges Dünengebiet, in dem  steinzeitliche Funde zutage gefördert wurden. Leider erwischt uns ein Regenschauer, so dass wir etwas durchfeuchtet zurück zum Mumin kommen.

Durch stille Dörfer und dichte Wälder geht es weiter zum Kap Kolka. Durch den heutigen Nationalfeiertag sind die Häuser und sogar Autos mit der lettischen Fahne beflaggt. Das zeugt von einem großen Nationalstolz.

Am Kap Kolka können wir einen Spaziergang im Trockenen rund um das Kap machen. Es treffen sich hier die Wassermassen der Rigaer Bucht - heute sehr aufgewühlt und mit Wellen - mit denen der Ostsee. Die liegt heute da wie ein Spiegel und das Zusammentreffen ist recht gut zu sehen. Durch die unterschiedlichen Strömungen wird das Land auf der Ostseite immer mehr "angeknabbert", so dass es dem Wald sprichwörtlich den Boden unter den Wurzeln wegspült. Die Baumstämme liegen wild durcheinandergewürfelt am Strand, was ein sehr bizarres Bild abgibt. Es sieht wild und urtümlich aus.

Die Westseite ist zumindest heute sehr viel sanfter und die baltische See ruht wie ein Spiegel. Faszinierend dieses Naturschauspiel zu beobachten

Wir umrunden das Kap mit einem kleinen Spaziergang, bemitleiden ein Brautpaar, das in festlicher Kleidung und kaltem Wind zum Fotoshooting hier ist und kommen an einer mobilen Sauna vorbei, die in einem LKW am Strand steht. Leider nicht in Betrieb und vielleicht eine Idee, den Mumin irgendwann einmal einer neuen Nutzung zuzuführen ;))

Mit einer Teepause wärmen wir uns im Mumin auf, dann geht es weiter auf einer schnurgeraden und stinklangweiligen Straße durch dichtes Waldgebiet gen Süden. Einst war hier zu Sowjetzeiten militärisches Sperrgebiet und es gibt nur ganz wenige und vereinzelte Dörfer, zu denen Stichstraßen in Richtung Küste führen.

Wir zweigen erst in Irbene ins Landesinnere ab, wo uns eine Radioteleskop-Station erwartet. Auch dies eine früher streng geheime Anlage der Sowjets, die von hier aus Telefonate und Radiosender aus dem Westen abhörten.

Riesige verlassene Plattenbauten zeugen von der früheren Kaserne, in der mehrere Hundert Menschen lebten. Lost Places und über allem schwebt ein Hauch James Bond und Dr. No.

Heute dient die Radioteleskopanlage zivilen Forschungszwecken.

Wenige Kilometer weiter finden wir im kleinen Weiler Orvisi unseren heutigen ruhigen Übernachtungsplatz. Es gibt hier einen Leuchtturm, der sogar noch in Betrieb ist. Da mittlerweile die Sonne scheint unternehmen wir noch einen herrlichen Strandspaziergang am kilometerlangen und völlig menschenleeren Ostseestrand. Wieder einmal begegnen wir keiner Menschenseele. Traumhaft!

Dann wird noch gekocht, Brot gebacken und die restlichen Etappen geplant. Leider neigt sich unsere Reise schon bald ihrem Ende zu.


Endspurt in Lettland: Eine Hafenstadt, ein Gefängnis und ein Traumstrand zum Verweilen