Und weiter geht es mit der Fähre auf die Kurische Nehrung

Weil wir vom Schiffe fahren noch nicht genug haben, geht es nach Verlassen der großen Fähre gleich hinüber auf die kleine Fähre, die uns auf die Kurische Nehrung bringt. Das Ganze klappt ziemlich problemlos, wir haben direkten Anschluss und für 24,90 Euro hin und zurück ist der Mumin schon wieder auf dem Wasser. Die Überfahrt über das Haff dauert nur ein paar Minuten, dann sind wir in Sandkrug oder Smiltyne. Schnell finden wir auch den auserkorenen Übernachtungsplatz direkt hinter der Düne. Ein großer Parkplatz an einem Radweg, der während der Saison auch kostenpflichtig ist. Leider besagt ein ziemlich neues Schild, dass man wohl nicht über Nacht hier stehen bleiben darf.

Wir packen erst einmal unseren Hund aus, der sich sichtlich über seine Befreiung freut. Dann brechen wir zu einem ersten Strandspaziergang auf und genießen ein schönes Abendrot.

 

Nach unserem Spaziergang prüfen wir noch den wenige Kilometer entfernten "offiziellen" Stellplatz beim Meeresmuseum. Der ist aber wenig charmant. Also kehren wir zurück zum Strandparkplatz, machen uns einen gemütlichen Abend und verbringen eine ungestörte, einsame und ruhige Nacht.


Dünen, Sand und Mee(h)r

Der nächste Morgen erwartet uns mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Wenn Engel reisen!!!

Nach einem Strandspaziergang und einem gemütlichen Frühstück machen wir uns auf den Weg in den Süden. Bis Nida sind es 42 Kilometer. Danach beginnt die russische Exklave Kaliningrad. Durch Kiefernwäldern holpern wir auf einer engen und kurvigen Straße voran. Zum Glück ist nur wenig los und wir scheinen die ersten Touristen des Jahres zu sein.

Auf halber Strecke bezahlen wir 15 Euro "Eintritt" in den Nationalpark Kurische Nehrung. Ab hier darf man nur noch auf ausgewiesenen Parkplätzen Station machen und das Übernachten auf diesen Parkplätzen ist strikt untersagt. So will es die Parkordnung um das fragile Ökosystem zu schützen. Was uns auf unserem Weg als erstes auffällt: alles ist sauber, die Picknick- und Rastplätze sind wunderschön angelegt mit Mülleimern und Sitzgelegenheiten. Kein bisschen Dreck fliegt herum. So erreichen wir Nida kurz vor der russischen Grenze. Wir beziehen den einzigen Campingplatz auf der Nehrung und für 20 Euro pro Nacht all inclusive stehen wir hier zusammen mit einem weiteren deutschen Wohnmobil. Die Saison hat noch nicht begonnen.

Nachdem wir uns häuslich eingerichtet haben geht es auch schon los zur berühmtesten Sehenswürdigkeit - der 52 Meter hohen Parnidis-Düne. Da bleibt uns schon mal die Spucke weg. Diese Landschaft ist beeindruckend. Nur ein Teil der Düne liegt auf litauischer Seite, der Rest auf dem russischen Territorium Kalliningrad.

Wir unternehmen eine ausgedehnte Wanderung entlang der Dünenwege und genießen die Stille und Weitsicht.

Und weil wir noch nicht genug Bewegung hatten, werden gleich noch die Fahrräder ausgepackt. Damit erkunden wir den Ort Nida. Alles liegt noch im Winterschlaf, aber überall wird schon für die Saison gewerkelt. Die meisten Restaurants sind noch geschlossen. Wir bekommen einen ersten Eindruck von den wunderschönen Holzhäusern, die skandinavisch bunt gestrichen sind.

So kommen wir auch zum Thomas-Mann-Haus. Der Literat hatte hier ein Sommerhaus auf dem "Schwiegermutter-Berg", das heute ein Museum und Gedenkstätte ist. Wunderschön mit Blick auf's Haff gelegen kann ich gut nachvollziehen, dass es sich hier vortrefflich schreiben ließ.

Auf dem Heimweg erstehen wir noch eine Portion Räucherfisch, für den die Region bekannt ist. Allerdings scheinen wir da einen Fehlgriff getan zu haben. Beim Abendessen entpuppt sich das Teil als ziemlich zäher Brocken mit Schuppen und im Ganzen geräuchert. Entweder hätten wir den Fisch vorher kochen oder wässern oder was auch immer damit anfangen sollen oder wir sind in die Touri-Falle getappt. Irgendwie bekommen wir das eigentlich ganz leckere Fleisch nur in kleinen Portionen von den Gräten gelöst. Jedenfalls sind wir froh um unsere Pellkartoffel-mit-Quark-Beilage ;)


Per Pedal über die Kurische Nehrung

Was haben wir doch für ein Wetterglück!!!  Erst schlafen wir wie die Murmeltiere durch bis nach 8 Uhr, dann scheint die Sonne von einem wolkenlosen Himmel. Nach dem Frühstück satteln wir also unsere Fahrräder und los geht es in Richtung Norden. Zunächst nochmals durch Nida mit seinen hübschen Fischerhäuschen, dann weiter auf dem bestens markierten Ostseeküsten-Radweg Nr. 10.

Durch stille Kiefernwälder erreichen wir die 62,8 Meter hohe Vecekrugas-Düne mit phantastischer Aussicht auf die Ostsee einerseits und das kurische Haff andererseits. Wir sind ganz froh um unsere E-Bikes, mit denen wir den Aufstieg auf grobem Schotter (fast) mühelos schaffen.

Hier oben wähnen wir uns fast im Paradies. Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe. Nein, nicht ganz. Da zwitschern doch tatsächlich einige vorlaute Vögel um uns herum. Dazu die Sonne - das ist Tiefenentspannung pur.

Wieder zurück auf dem Radweg geht es weiter nach Preila. Auch hier wunderbare Häuser im lokaltypischen Stil. Reetdächer, viel Holz, restauriert oder ganz neu gebaut. Architektonische Bausünden gibt es hier keine. Und wenn es welche gab, sind diese Spuren weitgehend getilgt und man hat zum Glück auf Betonburgen verzichtet.

Nach rund 22 Kilometern haben wir das Naturschutzgebiet Nagliu mit den sogenannten "Toten Dünen" erreicht. Acht Kilometer lang und bis zu zwei Kilometer breit haben die Sandverwehungen hier mehr als 14 Dörfer verschüttet. Viel wurde seitdem zum Schutz der Dörfer getan, doch nun brauchen die Dünen Schutz. Sie sind bereits am schwinden und wer weiß, in wie vielen Jahrzehnten überhaupt noch etwas von ihnen übrig ist.

Wir erklimmen auf einem markierten Pfad die Düne und wähnen uns fast schon in der Sahara. Der Blick ist atemberaubend.

Eigentlich wollten wir ja noch bis zum Fischerdorf Juodkranté mit der größten Kormoran-Kolonie Europas und dem Hexenpfad, aber wir müssen die Kilometer ja auch wieder zurück radeln.

Also genießen wir den Rückweg mit schönen Blicken auf's Haff. In Nida finden wir ein geöffnetes Restaurant und kehren auf ein frühes Abendessen hier ein. Es gibt eine Portion Hering mit Salat sowie die litauische Spezialität Cepelinai - Kartoffelklösse mit Fleischfüllung und einem Topping aus saurer Sahne und Speckwürfeln. Beides sehr, sehr gehaltvoll und lecker.

Frisch gestärkt geht es die restlichen Meter zurück zum Campingplatz, wo wir noch eine wenig die Sonne genießen, Brot backen und House-Cleaning betreiben. Dann noch ein wenig die Beine hochlegen - morgen geht es ins Landesinnere von Litauen.


Ein erstes Fazit:

Litauen und die Kurische Nehrung überraschen uns auf ganzer Linie. Ja, wir sind hier in einer Vorzeige-Region. Aber so phantastisch haben wir es uns nicht vorgestellt. Alles ist piccobello gepflegt, sauber und hübsch herausgeputzt. Die Menschen sind freundlich und jetzt im Frühling erwacht die Natur aus dem Winterschlaf. Es herrscht Ruhe pur und die Landschaft ist großartig. Wer Erholung ohne Ballermann-Gedöns sucht, der ist hier goldrichtig. Zumindest jetzt in der Vor- bzw. Nebensaison. Wieder einmal müssen wir alte Vorurteile gegenüber dem Osten revidieren und wir Deutschen können uns hier eine ganz dicke Scheibe abschneiden.

Wir sind gespannt, was uns im restlichen Land noch erwartet.


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