Bavaria is calling



Bevor der Mumin in den Winterschlaf geht, braucht er noch ein wenig Bewegung. Dank des zusätzlichen Feiertages bekommen wir fast zwei Wochen Urlaub hin und das möchten wir noch einmal nutzen für eine kleine Auszeit. Ziel ist das sympathische Sibyllenbad in Neualbenreuth in der Oberpfalz. Wir kennen die Region bereits von einer Reise im Jahr 2013. Weil uns das Baden im warmen Wasser damals so gut getan hat, möchten wir uns wieder ein paar Tage verwöhnen lassen. Verbunden mit Wandern und einem Ausflug nach Tschechien bzw. in den Bayerischen Wald. Ob wir den Mumin auch auf seine Schietwetter-tauglichkeit testen müssen, wollen wir zwar nicht hoffen. Aber auch diese Erfahrung müssen wir über kurz oder lang mal machen. Schaun mer also mal.


Anreise und erste Faulenzertage

Unsere Anreise in die Oberpfalz am 25. Oktober 2017 verläuft weitgehend stressfrei. Nur an der Dauerbaustelle vor Nürnberg stecken wir wieder in einem dicken Stau. Auf der rechten Spur stehen die LKWs über mehrere Kilometer, die linke Spur ist frei. Eigentlich herrscht Überholverbot für Fahrzeuge über 7,5 t, aber nachdem wir uns zunächst in die Warteschlange rechts eingereiht haben und absoluter Stillstand herrscht, wagen wir es. Blinker setzen und vorbei auf der linken Spur. Niemand hupt, niemand schimpft - "we are Camper, no Truck". So mogeln wir uns ziemlich weit nach vorn, reihen uns wieder nach rechts ein und kommen so durch die Baustelle. Wie würde der Bayer sagen: "Jo mei, passd scho".

 

Gegen 13.30 Uhr erreichen wir Neualbenreuth und steuern dort den Reisemobilhafen am Sibyllenbad an. Ein sehr schön angelegtes, terrassiertes Gelände, auf dem wir mit unserem Mumin ausreichend Platz haben. Wir tanken noch Frischwasser und richten uns anschließend für die nächsten Tage häuslich ein. Der Stellplatz wird ebenso wie der Campingplatz "Platzermühle" von der Familie Waidhas betrieben und hier gibt es wirklich absolut nix zu meckern. Die Anmeldung verläuft unkompliziert, wir haben einen Stromanschluss und können die Frühstücks-Brötchen für die Dauer unseres Aufenthalts vorbestellen. Zum Sibyllenbad sind es nur wenige Schritte durch den Kurpark. Besser geht's nicht.

Nach einer Kaffeepause heißt es auch schon "Badetaschen packen".

Wir gönnen uns hier eine selbstverordnete Gesundheitswoche mit Massagen, Fango und Baden im warmen Mineralwasser der radonhaltigen Sibyllenquelle. Den Terminzettel und Rezepte von zuhause haben wir schon in der Tasche, so dass wir bereits um 16.00 Uhr im warmen Fango liegen. Zusätzlich buchen wir uns sechs Tageskarten für die Bade- und Wellnesslandschaft des Sibyllenbades. So langsam sind wir in dem Alter, wo man an die müden Knochen denken muss ;))

 

Somit verbringen wir die nächsten Tage ziemlich entspannt mit Ausschlafen, gemütlich Frühstücken, kleinen Gassi-Runden mit dem Hund, und unseren heilsamen Anwendungen. Die Aufenthalte in der weitläufigen und sehr schönen Wellness-Landschaft des Sibyllenbades tun ein Übriges, um ziemlich schnell in den Entspannungsmodus zu gelangen. Da das Wetter zu keinen größeren Outdoor-Aktivitäten einlädt, verpassen wir also auch in dieser Hinsicht nichts.

Im Gegenteil: das erste Orkantief des Herbstes, das im Norden Deutschlands für Sturmfluten sorgt, hinterlässt auch in Ostbayern seine Spuren. Straßen sind wegen umgestürzter Bäume gesperrt und wir verbringen den stürmischen Sonntag lesend im Mumin. Er hält den Windböen tapfer stand, auch wenn der Kaffee in der Tasse mitunter bedenklich überzuschwappen droht.


Ein verlassenes Dorf, ein Vulkan und Herr Goethe - Spaziergang zur tschechischen Grenze

Das Wetter wird allmählich besser. Zwar weht noch ein ziemlich eisiger Ostwind, aber ein wenig Bewegungsdrang verspüren wir dann doch. Also beginnen wir mit einem kleinen Spaziergang rund um Neualbenreuth. In der Gästeinformation und auch im Internet sind verschiedene Wandervorschläge erhältlich und die Wege sind wunderbar ausgeschildert und markiert.

Wir starten also am Kurpark, wo ein Gedenkstein an den Besuch des ehrenwerten Herrn Goethe erinnert.

Deutschlands größter und berühmtester Dichter war am 23. August 1823 in der Region. Wie schon an anderer Stelle vermerkt - der gute Herr Goethe wußte, wo es schön ist auf dieser Welt.
Wir spazieren weiter in Richtung Landesgrenze. Unterwegs passieren wir ein Hinweisschild zum ehemaligen böhmischen Dorf Boden. Die erste urkundliche Erwähnung fand Boden 1316. In den Jahren 1945 und 1946 flohen die Bewohner in die meist benachbarten Orte auf bayerischer Seite. Die Häuser wurden nach dem Zweiten Weltkrieg wegen der Grenznähe dem Erdboden gleichgemacht.

 

Wenige Meter weiter findet sich eine geologische Besonderheit: der ehemalige Vulkan Eisenbühl. Zwar ist es heute ruhig, doch die vulkanischen Aktivitäten sind verantwortlich für die Kohlensäure-MIneralquellen in Neualbenreuth sowie im böhmischen Gebiet.

So erreichen wir schließlich den Fußgänger- und Radfahrer-Übergang nach Tschechien. Auch bei unserem Aufenthalt 2013 waren wir hier und starteten eine Wanderung nach Doubrava - ein idyllisches Egerländer Dorf. Heute jedoch streifen wir den Übergang nur kurz und spazieren zurück durch Neualbenreuth zu unserem Stellplatz. Eine schöne Runde von ca. 4 Kilometern.


Auf stillen Pfaden zum 50. Breitengrad

Die anwendungsfreien Feiertage sowie das etwas freundlichere Wetter nutzen wir für Wanderungen in die Region. Eine Tagestour führt uns auf den Spuren der Waldsassener Äbte zum 50. Breitengrad. Neben dieser geographischen Besonderheit befindet sich zudem der Mittelpunkt Europas auf Neualbenreuther Gemarkung. Diesen haben wir bereits 2013 besucht - somit ist diesmal der 50. Grad nördlicher Breite an der Reihe.

Unser Wanderweg führt uns zunächst durch das Gedankental. Hier mäandert der Muglbach durch eine liebliche Landschaft. In der Vergangenheit war der Bach Antrieb für etliche Mühlen. Teilweise sind sie heute noch bewohnt und liebevoll restauriert, andere jedoch sind eher dem Verfall preisgegeben.

Wir passieren die Habertsmühle sowie die Troglauer Mühle. Am Wegesrand immer wieder Schilder, die an den Geist eines vereinten Europas sowie die deutsch-tschechische Freundschaft erinnern. Gehört dies inzwischen der Vergangenheit an? Ich denke, es lohnt sich gerade heute wieder, für diese Gemeinschaft und die Freiheit zu kämpfen.

Wir kommen zu Burg und Dorf Hardeck. Das Schloss hat eine wechselvolle Geschichte mit einigen Besitzer-Wechseln hinter sich und gehörte unter anderem zum nahen Kloster Waldsassen.

Durch das stille Dorf gelangen wir weiter entlang des Muglbaches nach Maiersreuth. Auch hier herrscht Feiertags-Stille und wir begegnen nur wenigen Menschen.

 

Nun wird unsere Kondition gefordert, denn der weitere Weg zum 50. Grad nördlicher Breite führt zwar nur leicht, doch dafür stetig bergauf. Das Stück zieht sich, doch dafür haben wir schöne Ausblicke zum Tillenberg und hinunter nach Neualbenreuth. Schließlich ist die Wegmarke erreicht.

Der 50. Breitengrad verläuft quer durch Europa und somit auch mit rund 450 Kilometern durch Deutschland. Weinexperten bezeichnen ihn auch als Weinäquator, da der Breitengrad die nördlichste Grenze markiert,  an der Weinbau möglich ist. Die Länge des 50. Breitengrades beträgt insgesamt rund 25.700 km und an den Markierungen sind etliche Orte im Osten und Westen aufgezählt, die ebenfalls auf diesem Breitengrad liegen. Hier befinden wir uns jedoch gefühlt "in the Middle of Nowhere".

Unserer weiterer Weg führt uns durch ein dichtes Waldgebiet. Irgendwann kommt ein Schild "Ende der Ausbaustraße". Machen die hier Witze??? Tatsächlich verlief an dieser Stelle einst der eiserne Vorhang. Waren wir zunächst wohl auf einer ehemaligen, asphaltierten Grenzstraße unterwegs, geht es nun weiter auf schmalen Waldpfaden. Unser Orientierungssinn lässt uns allmählich im Stich und wir sind dankbar für die guten Markierungen. Irgendwann lichtet sich der Wald und wir sehen, dass wir eigentlich nur einen großen Bogen gelaufen sind. Vor uns im Tal liegt nun der Ort Hardeck und dahinter unser Ausgangspunkt am Sibyllenbad. Wir mobilisieren also unsere letzten Kräfte und treten das letzte Stück Wegstrecke an.

Insgesamt dürften wir heute etwa 12 Kilometer marschiert sein, wobei die Wanderung mit 8,5 km angegeben war. Wo haben wir uns da nur verzettelt??? Egal, heute abend schmecken uns Schnitzel, Bier und Co. besonders gut.


Zur Wallfahrtskirche Kleine Kappl und um Neualbenreuth herum

Eine weitere Wanderung führt uns zur Wallfahrtskirche Kleine Kappl. Diese Tour stellen wir uns selbst zusammen und eigentlich soll es nur eine kleine Tour am Nachmittag werden. Heraus kommt dann doch ein Marsch von 11 Kilometern.

Wir starten wieder am Sibyllenbad und folgend durch Neualbenreuth der Markierung zur Wallfahrtskirche. Unterwegs passieren wir einige der für die Region typischen Fischteiche und einen Golfplatz. Die Wallfahrtskirche ist leider geschlossen, soll aber innen ein hübscher Barockbau sein. Zudem gibt es hier auch ein (angeblich) empfehlenswertes Restaurant, das wir jedoch nicht getestet haben.

Über den kleinen Weiler Rothmühle und vorbei am Schlosshotel Ernestgrün kommen wir wieder zurück nach Neualbenreuth. Hier verzetteln wir uns ein wenig. In der Meinung, dass über den bereits beschriebenen Weg im Gedankental ein Weg hinauf zum Sibyllenbad führt, machen wir dann doch einen ordentlichen Umweg, so dass der o.g. Marsch von 11 Kilometern heraus kommt. Schön war es trotzdem und ein wenig Bewegung nach so viel "Extrem-Relaxen" kann ja auch nicht schaden.

 


Heimweg und Reisefazit

Nach zehn sehr erholsamen Tagen geht es wieder zurück in Richtung Heimat. Den Rückweg verbinden wir noch mit einem Besuch bei guten Freunden in Ellwangen, wo wir noch einige gute Tipps zum Überwintern unseres Mumin vom Berufs-Trucker erhalten.

Als Reisefazit können wir diesmal festhalten, dass uns die Faulenzer-Woche sehr gut getan hat nach einem doch recht anstrengenden und turbulenten Jahr 2017. Der Mumin hat sich auch auf dieser Reise als guter Gefährte erwiesen. Er ist absolut allwettertauglich, wir hatten es kuschelig warm und die Isolation des Aufbaus ist nahezu perfekt. Es war absolut ausreichend, die Heizung zwei Mal täglich für ca. 30 Minuten in Betrieb zu nehmen, um eine angenehme Innentemperatur zu erreichen. Außen herrschte zeitweise starker Sturm und Temperaturen zwischen dem Gefrierpunkt und maximal 10 Grad. Insofern können wir uns guten Mutes auch in kühlere Regionen dieser Erde wagen.

Zudem ist der Aufbau durch seine Dimensionierung sehr gut geeignet, um auch mal ein paar Regentage drinnen zu verbringen, ohne den Lagerkoller zu bekommen.

Der Volvo wurde nur zur Hin- und Rückfahrt "bewegt". Insofern vollbrachte er keine große Kilometerleistung, aber er schnurrte wie am Schnürchen. Einmal mehr hat sich auch hier die Technik bewährt.

Nun geht der Mumin in den Winterschlaf und für uns beginnt die Planung der Reisesaison 2018. Schauen wir mal, wohin sie uns führen wird.