Ein wenig Savoir Vivre in Frankreich

Für den Ausklang unserer ersten Langzeitreise gönnen wir uns noch ein paar Erholungstage in Frankreich. Nach unserem schönen Aufenthalt im Ebro-Delta in Spanien verabschieden wir uns am 30. November mit ein bisschen Wehmut von unseren Reisefreunden aus Australien. Sie ziehen weiter gen Süden, wir in Richtung Norden und damit nach Frankreich in „unser“ Gruissan.

 

Da im Winter alle Campingplätze geschlossen haben, lassen wir uns auf dem ganzjährig geöffneten Stellplatz am Yachthafen nieder. Die Atmosphäre dort ist mal wieder nicht ganz so unser Ding, aber in Gruissan haben wir keine andere Wahl. Es ist eigentlich nur ein Parkplatz, im Sommer sicher recht staubig und bei Regen ziemlich matschig. Jetzt aber ok und voll mit Durchreisenden auf ihrem Weg in den Süden.  Auch hier ist Kuschelcamping angesagt, aber bei den kühlen Temperaturen spielt sich das Leben sowieso drinnen ab.

 

Wir bummeln noch ein wenig ins Städtchen. Vor drei Jahren waren wir zum letzten Mal hier und zum ersten Mal sind wir nun im Winter da. Trotz Wochenende wirkt alles wie ausgestorben. Einige der uns bekannten Traditionslokale sind an andere Besitzer übergegangen und nun hip und schick. Aber vieles ist auch noch beim Alten geblieben und der Bäcker ist da wo er immer war.

 

Den ersten Adventssonntag verbringen wir noch in Gruissan und genießen nach einer regnerischen Nacht ein Adventsfrühstück mit Kerze im Mumin. Am Nachmittag schaut die Sonne hervor und wir packen die Fahrräder aus. Es geht hinaus zur Austernfarm „La Perle Gruissanaise“ – unser Stammlokal für Austern und anderes Meeresgetier. Auch hier gibt es etwas Neues. Ein schickes Restaurant mit Aussichtsterrasse, das jetzt im Winter allerdings geschlossen ist. Den Verkauf und die Degustation von Austern, Krabben und mehr gibt es jedoch noch. Gott sei Dank und windgeschützt können wir unser Mittagsmahl draußen genießen. Eine leckere Alternative zu Christstollen und Weihnachtsplätzchen 😉

 

 

 

Auf dem Rückweg nehmen wir dann doch noch eine süße Leckerei für den Adventskaffee mit. Gruissan hat auch im Winter seinen Reiz.

 

Am Abend dann noch eine Begegnung der besonderen Art. Draußen ist es bereits dunkel, als auf den Parkplatz mit lautem Hupen ein Außerirdischer landet und sein Riesen-Vehikel genau neben unseren Mumin parkt. Wir trauen unseren Augen nicht, was wir da draußen erblicken. Das Teil muss wirklich ein Ufo sein. Ein LKW im XXL-Format, neben dem unser Mumin wie ein Gartenzwerg wirkt. Über und über in Hochglanz mit Airbrush gestaltet, mit Slide-outs und allem Pi-Pa-Po, das man sich nur vorstellen kann. Das gute Stück gehört einem Schweizer und wer mehr wissen will, sollte mal unter „Helvetic One“ googeln.   

 

Lästige Begleiterscheinung: neben meinem Schlafzimmerfenster brummen die ganze Nacht Nachbars Heizung und Stromgenerator. Das nächste Mal stellen wir uns dann doch wieder in die freie Wildbahn....

 

Am 2. Dezember nehmen wir eine weitere Etappe in Richtung Heimat in Angriff. Zuvor allerdings statten wir dem Montagsmarkt in Gruissan noch einen Besuch ab. Oliven, Käse und ein wenige Gemüse stehen auf dem Einkaufszettel. Eventuell auch noch frischer Fisch. Doch welche Enttäuschung. Wo im Frühsommer die Stände dicht an dicht stehen, sind heute nur zwei Gemüsehändler und ein kleiner Stand mit Ziegenkäse und Eier zu finden. Also fällt der Einkauf eher bescheiden aus, doch weil die Sonne vom klaren Himmel scheint, gibt es noch ein zweites Frühstück im Straßencafé.

 

Dann geht es on the Road und wir beschließen bei Bézier spontan, die bekannten Wege zu verlassen und anstatt über das Rhônetal auf der A75 über die Cevennen und das Zentralmassiv nach Norden zu fahren.

 

Obwohl weitgehend mautfrei herrscht hier kaum Verkehr und wir genießen diese landschaftlich wunderschöne Route. Hinauf geht es auf die Höhen der Cevennen mit wunderbarer Herbstfärbung der Weinfelder und Wälder. Beim Viadukt von Millau, welches immer noch sehr eindrucksvoll ist, legen wir eine kleine Besichtigungspause ein. Je weiter wir dann in Richtung Auvergne und Zentralmassiv kommen, desto schlechter wird das Wetter. Der blaue Himmel ist verschwunden, irgendwann herrscht völliger Nebel und wir fahren durch leichtes Schneetreiben. Heute Vormittag saßen wir noch im Straßencafé!!!

 

 

 

Bei Massiac finden wir gegen 16.30 Uhr unseren Platz für die Nacht. Eigentlich auf einer Wiese am Fluss sind die Stellplätze nun ziemlich matschig. Stattdessen stehen hinter einer Turnhalle befestigte Plätze zur Verfügung. Auch recht. Wir sind allein hier, es ist absolut ruhig und bei diesem nasskalten Usselwetter haben wir auch keine Lust, uns das nette Dorf bei einem Spaziergang anzuschauen. Indoor-Haltung ist angesagt.

 

Die Nacht war klapperkalt und am Morgen ist um uns herum Raureif. Dazu ist es neblig-trüb, auch heute lädt das Wetter nicht wirklich zu einer Stadtbesichtigung ein. Also geht’s weiter auf die Autobahn und tatsächlich lichtet sich irgendwann der Grauschleier. Wir bekommen ein wenig Sonne ab, was unseren Batterien gut tut.

 

Unterwegs legen wir in dem netten Städtchen Digoin an der Loire einen Einkaufsstopp im Intermarché ein. Und da muss ich jetzt mal meinen Frust gegenüber meinen sonst so geschätzten Franzosen loswerden.

 

Da habt ihr ein wunderbares Einkaufsparadies vor den Toren der Stadt geschaffen. Mit Supermärkten, Kinos, Restaurants und überhaupt allem, was man auch als Camper auf der Durchreise so braucht. Der Kühlschrank muss gefüllt werden, eine Mittagspause würden wir auch gerne einlegen, aber was macht ihr lieben Franzosen? Baut einfach vor die Einfahrt in dieses Einkaufsparadies eine Durchfahrtsschranke mit Höhenbegrenzung auf 3,20 Meter. Was soll das denn??? Wenn ihr keine Übernachtungsgäste mögt, dann macht die Schranke nachts doch einfach zu. Aber tagsüber hätten wir schon ganz gerne die Chance, hier Halt zu machen.

 

Diese „Schikane“ finden wir übrigens an noch ganz vielen anderen Shopping-Centern in Frankreich. Nicht wirklich die feine Art – das muss ich schon sagen.

 

 

 

Aber Not macht erfinderisch und wir wählen jetzt einfach den Lieferanteneingang. Schließlich muss die ganze Ware ja angeliefert werden. Und zwar nicht mit dem Esel wie in Marokko, sondern durchaus mit großen LKWs. Also schleichen wir uns von hinten an, parken dort auch unseren Mumin und erledigen unsere Einkäufe.

Und die werden dann am Abend auch gleich verspeist. Vin Rouge, Fromage, Rilette, Pastete und Baguette - was braucht's mehr!

 

So kommen wir schließlich nach Seurre am Fluss Saône. Es wird schon dämmrig als wir einen Stellplatz direkt am Hafen erreichen. Wir stehen wunderbar ruhig und haben sogar Strom. Da uns die Sonne in den letzten Tagen fehlte, werden die Batterien jetzt ordentlich aufgeladen. Zu allem Überfluss zickt jetzt auch noch unsere Heizung. Sie hatte ja mehrfach Anlaufschwierigkeiten, aber nun tut sie keinen Mucks mehr. Shit happens. Trotz allen guten Zuredens läuft sie nur kurz, das war’s dann auch.

 

Am Morgen ist es dann so richtig kalt im Mumin. Also wird Brot gebacken, Kerzen angezündet und irgendwie bekommen wir die Innentemperatur dann auf halbwegs Wohlfühlatmosphäre hin.

 

Dann geht es los zur letzten Etappe in Frankreich, die uns heute nach Deutschland und nach Schwetzingen führt. Auch hier nehmen wir etwas ungewohnte Wege in Angriff und fahren auf französischer Seite die mautfreie Autobahn bis nach Karlsruhe. Wir kommen auch super gut voran und nehmen uns für den Spätnachmittag noch einen Spaziergang im Schwetzinger Schlossgarten vor. Doch wie immer kommt es meist anders.

 

Kurz vor Straßbourg ein Unfall und wir stecken fast anderthalb Stunden im Stau fest. Nix geht mehr. Weder vor noch zurück. Als der Verkehr dann wieder rollt, kommen wir natürlich mitten in den Straßbourger Feierabendverkehr. Auch auf deutscher Seite zieht sich rund um Speyer die Fahrt zäh wie Gummi, da hier die Rheinbrücke gesperrt ist. Wir biegen kurz entschlossen in einen Baumarkt ab und versorgen uns mit einem Heizlüfter, der uns für die nächsten Tage noch ein wenig Wärme im winterlichen Deutschland spenden soll. Dann erreichen wir gegen 19.00 Uhr den Stellplatz in Schwetzingen. Gehört zwar nicht gerade zu den Traumplätzen dieser Reise, aber für unser Arbeitstreffen morgen und eventuell einen Besuch auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt ist er mehr als in Ordnung. Frieren müssen wir jetzt jedenfalls nicht mehr und für uns heißt es jetzt „Welcome back in Germany“.

 


Und hier geht es zu unserem REISEFAZIT für Marokko

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Kommentare: 1
  • #1

    goldfish (Montag, 09 Dezember 2019 15:59)

    Wieder zuhause. Muss sagen: war echt schee.
    Freue mich jetzt schon auf weitere Reisen mit Euch

    Fühlt Euch umärmelt
    gaaanz liebe Grüße
    goldfish