Ende September unterbrechen wir unsere Recherchereise im Norden Spaniens und machen uns auf den langen Weg für unsere Familienwoche nach Andalusien. Von Gijon an der Atlantikküste führt uns die Autobahn »Vía de la Plata« geradewegs nach Sevilla. Von dort geht es weiter ans Mittelmeer nach Málaga, wo wir zunächst Lea und Svenja in Empfang nehmen. Der dortige Stellplatz in Flughafennähe ist zwar uncharmant, aber dafür äußerst zweckmäßig.
Málaga - Charmante Stadt an der Costa del Sol
Nach der Begrüßung und dem Ankommen nehmen wir den Vorstadtzug ins Zentrum von Málaga. Es ist die Geburtsstadt Picassos, Ziel von Kreuzfahrern, Römer und Mauren haben ihre Spuren hinterlassen. Für uns ist Málaga überraschend charmant, was wir von einer Metropole an der Costa del Sol nicht erwartet hätten. Wir lassen uns durch die Gassen treiben, essen lecker in der Altstadt zu Abend, verzichten aber auf das Málaga-Eis, das ausnahmsweise nicht von den Italienern, sondern von den Spaniern erfunden wurde.
Nerja und die Sierra Nevada
Entlang der Küstenstraße geht unsere Reise zunächst in Richtung Norden. In Nerja, das angeblich zu den schönsten Orten an der Costa del Sol zählt, möchten wir uns mit Annika und Thomas treffen. Die Fahrt ist allerdings sehr ernüchternd, denn ein gesichtsloser Ferienort reiht sich an den anderen, überall Parkverbote für Camper und an die Küste kommt man so gut wie nirgends. Alles ist verbaut. Doch wir waren gewarnt und haben eigentlich nichts anderes erwartet. Umso erfreuter sind wir, als wir in Nerja einen riesigen Parkplatz vorfinden. Direkt am Strand mit Platz ohne Ende. Hier wollen wir das Roadsurfer-Team-2 warten und erfahren von den belgischen WOMO-Nachbarn, dass sie hier bereits seit mehreren Tagen stehen. Perfekt – hier bleiben wir. Denken wir zumindest, denn kaum stehen wir, kommt auch schon die lokale Polizei vorbei. Parken dürfen wir, aber übernachten geht gar nicht. Auch die Belgier, die schon mehrmals von den Ordnungshütern abgenickt wurden, werden weggeschickt. Also reicht es nur für einen Strandspaziergang, eine Paella in der Strandkneipe und dann sind auch schon Annika und Thomas da.
Das Reiseteam »El Andaluz« ist nun komplett und nachdem man uns an der Costa del Sol nicht freundlich begrüßt, fahren wir weiter ins Hinterland. Unterwegs bieten sich immer wieder schöne Ausblicke auf die Küste und einen Naturpark. Aber auch hier überall Park-und Übernachtungsverbote.
An einem Stausee am Fuße der Sierra Nevada finden wir einen Übernachtungsplatz für unsere drei Fahrzeuge. Nicht ganz ruhig, da dies auch ein Treffpunkt von Nachtschwärmern ist. Wir haben Wochenende… Aber es passt soweit und die Aussicht ist grandios.
Am nächsten Morgen starten wir bei bestem Andalusien-Sonnenschein unsere Sierra-Nevada-Rundfahrt. Es geht auf schmalen Straßen hinauf auf Passhöhen von 2.000 Metern und wieder hinunter in fast schon wüstenhafte Regionen. Einen Stopp legen wir in Guadix ein. Eine Stadt mit Höhlenwohnungen, die in die erodierten Felsen gegraben wurden. Ein wenig fühlen wir uns hier an Kappadokien in der Türkei erinnert, denn die Landschaftsform ist ganz ähnlich. Die Landschaft ist auch hier beeindruckend. Für einen Abstecher in die Gorafe-Halbwüste reicht unsere Zeit leider nicht.
Stattdessen geht es weiter nach Granada, wo wir am Stadtrand einen Stellplatz hinter einer Tankstelle ansteuern. Mit allem, was wir brauchen und sogar überraschend ruhig. Von hier starten wir unsere Granada-Erkundung.
Granada
Granada – die Alhambra – maurische Kultur und ein touristisches Highlight in Andalusien. So ein Ort bedarf mal wieder einer sorgfältigen Vorausplanung, die ich diesmal leider ein wenig vermasselt habe. Tickets für die Alhambra müssen bereits Monate im Voraus gebucht werden, was bei solch einer eher spontan geplanten Tour schwierig ist. Im August hatte ich noch von zuhause geschaut, wie die Buchungs-Situation ist. Alles im grünen Bereich. Als nun die genauen Termine für unseren Roadtrip gesichert waren, sah es bereits anders aus. Bis weit in den Oktober hinein ist alles ausgebucht. Shit happens. Da wir nicht horrende Preise für »Guided Tours« berappen möchten, bestelle ich »nur« Tickets für die Gärten ohne den Nesriden-Palast. Eine gar nicht so unkluge Entscheidung, wie sich später zeigt. Wir alle haben bereits gemeinsam die maurischen Paläste in Marokko besucht, so dass wir eine ungefähre Vorstellung von der Pracht dieser Bauten haben.
Mit dem Bus fahren wir also nach Granada und steuern die Alhambra an. Trotz des touristischen Hotspots verteilen sich die Massen recht schnell in der weitläufigen Anlage. Wir schlendern durch die Parks und Gärten, schauen uns die Paläste an und genießen die vielen wunderbaren Ausblicke auf die Stadt. Obwohl nicht das volle Paket immer noch ein sehr eindrucksvolles Erlebnis.
Zurück geht es in die Altstadt, wo wir ein schönes Restaurant mit Blick auf die Alhambra finden, um dort mein nachgeholtes Geburtstagsessen zu genießen. Wir bestellen verschiedene »Raciones« - Teller mit unterschiedlichen Speisen, die wir am Tisch teilen. Eine schöne Tradition, wie ich finde. Besonders köstlich sind die Auberginen im Tempura-Teig mit Honig – klingt exotisch – und die Tacos mit Oktopus. Aber auch der ganze Rest kann sich sehen lassen. Gut gesättigt schauen wir uns noch ein wenig in der Altstadt um und fahren mit dem Bus wieder zurück zu unserem Stellplatz.
Landschafts-Highlights im Naturpark El Torcal und Nervenkitzel auf dem Camenito del Rey
Von Granada geht es weiter in Richtung Westen. Erstes Ziel ist der Naturpark »El Torcal« bei Antequera. Die letzte Bergetappe ist für den Mumin dann doch etwas herausfordernd, denn die Straßen werden schmal und schmaler, steil und steiler. Oben angekommen sind wir zunächst beeindruckt von den phänomenalen Ausblicken auf die Bergwelt. Wir unternehmen eine kleine Wanderung durch die bizarren Felsformationen und müssen bei der Weiterfahrt feststellen, dass der Mumin für manche Wege doch zu dick ist. Während unsere beiden Roadsurfer den direkten Weg nach El Chorro ansteuern können, müssen wir einen Umweg nehmen. Kurvenreich durch Landschaften, die völlig abseits liegen und vor allem landwirtschaftlich geprägt sind, erreichen wir schließlich doch noch unseren gemeinsamen, auserkorenen Waldparkplatz rechtzeitig zum Feierabendbier.
Der nächste Vormittag verläuft zunächst eher gemütlich, denn unsere Tickets für den berühmt-berüchtigten Camenito del Rey haben wir erste für den frühen Nachmittag. Doch dann ereilt uns das Pech. Thomas stößt sich den Kopf an einem hervorstehenden Ast. Wie immer blutet so etwas zunächst recht stark. Doch nach einer Erste-Hilfe-Verarztung klappt es doch mit unserer Wanderung.
Der Shuttle-Bus bringt uns zum Nordeingang des legendären Wanderwegs. Angelegt wurde er in atemberaubender Landschaft als Instandhaltungs- und Versorgungsweg für ein Elektrizitätswerk. Zudem wurde er von den Kindern der Dorfbewohner als Schulweg genutzt. Ein sarkastischer Spruch besagt, dass die Dorfbewohner nur deshalb so kinderreich waren, weil sie nie wussten, wie viele ihrer Sprösslinge am Abend heil von der Schule zurückkommen.
Mit der Zeit verlor der Weg an Bedeutung, verwahrloste und war nur noch als berühmt-berüchtigter und gefährlichster Klettersteig der Welt bekannt.
Heute ist der Camenito del Rey grundlegend saniert, touristisch aufgemotzt und eigentlich eher ein gemütlicher Wanderweg. Geblieben ist die atemberaubende Lage an steilen und senkrecht aufragenden Felswänden mit schwindelerregenden Ausblicken in die Tiefe. Ich hatte zugegebenermaßen etwas Bammel angesichts meiner Höhenangst. Ein wenig Schwindelfreiheit hilft – aber der Weg ist machbar.
Wir meistern ihn in Begleitung einer Führerin, denn zu bestimmten Zeiten ist der Einlass nur mit einer Gruppe möglich. Ausgestattet mit Helm und Mikro erfahren wir von ihr einiges über die Geschichte und die Bedeutung des Weges, über Flora und Fauna – Stichwort: Geierbeobachtungen – und sind am Ende ziemlich stolz auf uns, den Weg gemeinsam geschafft zu haben. Inklusive einer wackligen Hängebrücke zum Schluss. We did it 😉
Zurück am Stellplatz fahren Annika und Thomas dann doch noch in ein Centro del Salud – ein staatliches Gesundheitszentrum. Dort wir die Kopfwunde nochmals begutachtet und befunden, dass nicht genäht werden muss. Aber nun sind alle beruhigt und einem gemütlichen lauen Sommerabend steht nichts mehr im Weg.
Ronda und die weißen Dörfer Andalusiens
Der nächste Morgen beginnt tatsächlich mit Nieselregen. Was hatten wir gestern doch für ein Glück, den Camenito bei schönstem Sonnenschein zu erwandern.
Unsere Fahrt geht weiter nach Ronda. Einem der wohl bekanntesten Weißen Dörfer Andalusiens. Wir beziehen dort einen komfortablen Stellplatz und schauen uns den Ort nach der Siesta an. Trotz der touristischen Prägung gefällt er uns sehr gut und wir bummeln durch Gassen, die etwas abseits der großen Besucherströme liegen. Wieder einmal entdecke ich hübsche Murals, die mich einmal mehr begeistern.
Ronda nehmen wir als Ausgangspunkt, um noch weitere der weißen Dörfer zu erkunden. Dazu bleibt der Mumin stehen und wir steigen um in die beiden Roadsurfer.
Erste Station ist Setenil de las Bodegas. Wir sind bereits früh am Vormittag da und haben das Glück, den pittoresken Ort unter den Felsüberhängen noch vor Ankunft der ersten Reisebusse genießen zu können. Die Lage an einem Bachlauf ist tatsächlich beeindruckend. Die Gebäude wurden ähnlich von Höhlenwohnungen unter die gewaltigen Felsen gebaut, wobei heute Restaurants, Bars und Souvenirgeschäfte das Bild prägen.
Von dort fahren wir weiter nach Grazalema. Dort sind die »Bandoleros« zuhause. Eine Art Robin-Hood Andalusiens. Die Vagabunden erleichterten die Wohlhabenden, um ihr Diebesgut unter den Bedürftigen zu verteilen. Wir kommen mitten in die Vorbereitungen eines Historienspektakels, bei dem mit viel Schall und Rauch die Geschichte der Bandoleros nachgestellt wird. Grazalema gefällt uns fast noch besser als Setenil de las Bodegas, da es noch ein wenig authentischer ist.
Wenige Kilometer oberhalb von Grazalema liegt der gleichnamige Naturpark mit einer Passhöhe, auf der wir eine Mittagspause einlegen. Inklusive famoser Ausblicke und Geierbeobachtungen.
Auf einer spektakulären und kurvenreichen Straße (wir sind froh, dies nicht mit dem Mumin meistern zu müssen) erreichen wir Zahora. Die Kulisse des Ortes mit einem Castillo und an einem Stausee erschließt sich erst auf den zweiten Blick von der Rückseite.
So erreichen wir schließlich wieder Ronda, wo wir den Tag mit einem schönen, gemeinsamen Abschiedsessen beschließen. Die Familienwoche geht viel zu schnell vorbei und am nächsten Morgen trennen sich unsere Wege wieder. Annika und Thomas fahren zurück nach Málaga und treten den Heimflug an, Svenja und Lea steuern die Atlantikküste an und wir kehren wieder zurück zu unserem Arbeitseinsatz im Norden Spaniens.
Schön war’s und jetzt lautet das Motto: »Driving home for Christmas« 😉
Was wir weiter im Norden Spaniens erleben, erzählen wir dann das nächste Mal.