Der Elch - Das unbekannte Wesen

Nach unserem Großstadtabenteuer ist uns wieder nach Natur zumute. Wir möchten noch ein Stück weiter in Richtung Norden fahren, so weit es eben die Witterungs- und Straßenverhältnisse zulassen. Und wir wollen noch einen Punkt auf unserer Bucket-List abarbeiten: Wir machen uns auf die Suche nach dem Elch. Die Verkehrsschilder ziert das Symboltier Skandinaviens bereits seit geraumer Zeit, doch bislang haben wir das scheue Wesen noch nicht zu Gesicht bekommen.

Stockholm beschert uns zum Abschied tatsächlich noch Sonnenschein und ganz kurz überlegen wir, einen weiteren Tag dranzuhängen. Aber es soll ja auch weitergehen und wir entscheiden uns, dem sogenannten »Roslagsleden« entlang der Küste nach Norden zu folgen. Bis Nortällje führt uns die landschaftlich sehr reizvolle Strecke durch kleine Dörfer mit hübschen Häusern, etlichen Reiterhöfen und gleich mehreren schönen Stellplätzen an Seen. Wir schauen uns die Kirche in Roslagskulla an, unternehmen einen Abstecher an den Furunsund, von dem aus kostenlose Fähren hinüber zu den Schäreninseln verkehren. Irgendwo hier wurde der Film »Ferien auf Saltkrokan« gedreht und man meint tatsächlich Bootsmann, Stina und Co. kämen gleich um die Ecke.

In unserem Reiseführer ist die Rede von einem »puppigen« Dorf. So richtig können wir uns darunter aber nichts vorstellen. Wir sind neugierig und legen in Hargs Bruck einen Stopp ein, recherchieren noch ein wenig weiter und bringen in Erfahrung, dass es in dieser Region Schweden zahlreiche Eisenhütten gab. Meist tragen sie den Namenszusatz »Bruck«. Um diese Eisenhütten herum entstanden kleinere bis größere Siedlungen mit Handwerksbetrieben, Mühlen, Arbeiterhäusern, Schulen und Kirchen. Mittendrin dann immer ein repräsentatives Herrenhaus für die Hütten-Barone. Hargs Bruck ist so eine ehemalige Eisenhütte und beim Rundgang entdecken wir, dass die ehemaligen Arbeiterhäuser inzwischen ansprechend renoviert und weiterhin bewohnt sind. Mühle und Sägewerk sind allerdings nur noch Relikte vergangener Zeiten. In der Tat ist es ganz nett hier und wir haben dafür ein neues Wort gelernt: »puppig«

Augen auf bei der Stellplatzwahl

Unseren Übernachtungsplatz finden wir schließlich bei Kallerö direkt am See. Wunderschön und da die Wetterapp für den Norden noch drei Schneeflocken zeigt, beschließen wir hier eine kleine Auszeit. Den Elch haben wir noch nicht gefunden…

 

Unseren Faulenzertag verbringen wir überwiegend im Liegestuhl in der Sonne mit Blick aufs Wasser und dem Beobachten der Fischerboote. Es gibt schlechtere Tage. Der Schock kommt gegen Abend, denn urplötzlich rumpelt ein Wohnwagen nach dem anderen an uns vorbei. Unser vermeintlich einsames Plätzchen entpuppt sich als beliebtes Wochenendziel bei schwedischen Campern, die mit ihren Caravans eine Wagenburg um uns herum errichten und die Sicht auf den See verstellen… Da müssen wir morgen schleunigst das Weite suchen 😉


Darum sind die Schwedenhäuser rot

Falun, Falun, Falun – was sagt mir nur der Name Falun? Seitdem ich die Stadt auf der Landkarte entdeckte, zerbreche ich mir den Kopf darüber, warum mir der Name so bekannt vorkommt. Das Internet hilft weiter und da heißt es, dass in der Stadt Falun seit dem Mittelalter Kupfer abgebaut wird. Aus dem Abraum des Kupferbergwerks wird die Farbe Falunrot oder Falu rödfärg gewonnen, mit der traditionell die schwedischen Holzhäuser gestrichen sind. Voilá – da müssen wir hin. Unser Gartenhäusle braucht schließlich einen neuen Anstrich 😉

Beim Anblick der ehemaligen Kupfermine in Falun geraten wir ins Staunen. Das Areal ist riesig und die Anzahl und Größe der Parkplätze lässt auf ein reges Besucheraufkommen im Sommer schließen. Jetzt sind aber nur einige wenige Sonntagsausflügler da und vielleicht eine Handvoll Touristen. Falun ist nicht nur UNESCO-Weltkulturerbe, sondern auch bekanntes Wintersportzentrum mit einer imposanten Skisprungschanze. Oberstdorf lässt grüßen.

Wegen des schönen Wetters verzichten wir auf einen Besuch unter Tage, denn wir haben mittlerweile einige Bergwerke gesehen. Stattdessen unternehmen wir einen Spaziergang rund um das riesige Loch Stora Stöten, das 1687 durch einen Bergsturz entstanden ist. Es gibt zahlreiche Infotafeln sowie einige historische Gebäude, die für Besucher offen stehen. Im 17. Jahrhundert war Falun eines der wichtigsten Kupferbergwerke und Schweden lieferte damals zwei Drittel des gesamten europäischen Kupfers. Erst 1992 wurde das Bergwerk endgültig stillgelegt.

Nach dem informativen und aussichtsreichen Spaziergang gibt es eine Fika Pause in einem reizenden Café. Es ist liebevoll eingerichtet und wir bekommen hier die bislang beste Zimtschnecke sowie eine köstliche Rhabarber-Kardamom-Schnecke.

 

 

 

Von Falun ist es nicht weit nach Sundborn. Dort lebte der bekannte schwedische Maler Carl Larsson mit seiner Frau und Textilkünstlerin Karin. Die Bilder Larssons, die ein wenig an die französischen Impressionisten erinnern, sind so reizend wie das ganze Dorf. Schwedenidylle pur, doch leider klappt es nicht mit der geplanten Besichtigung des Wohnhauses. Der Ticketschalter ist verwaist und auf Gut Glück eine online-Buchung vorzunehmen, ist uns bei den happigen Eintrittspreisen ein wenig zu riskant. Zumal die Führungen nur auf Schwedisch stattfinden. Somit bleibt es bei der Außenbesichtigung und wir fahren weiter an den Siljan-See. Der riesige See eröffnet sich uns mit einem Panoramaausblick bei der Stadt Rättvik. Unser Tagesziel ist jedoch das Örtchen Nusnäs. Dort beziehen wir Quartier an einem Bootsanleger und genießen noch ein wenig die Abendsonne. Mit Staunen sehen wir, dass sich unser schönes und zunächst wieder mal einsames Plätzchen gegen Abend rasch mit weitere WOMOs füllt. Allesamt mit deutschen Kennzeichen. Offenbar hat zuhause die Reisesaison begonnen, denn bislang trafen wir fast ausnahmslos schwedische und norwegische Camper.


Die bunten Holzpferdchen aus Dalarna

Man findet sie in fast allen Souvenirshops in Schweden. Als Aufkleber, aufgedruckt auf Taschen oder aus Holz. Die bunten Dala-Pferdchen aus der Region Dalarna. Gefertigt werden sie genau hier, in den Holzwerkstätten von Nusnäs. Das Ganz ist im Sommer auch Ziel von Reisebusgruppen, aber jetzt ist es ruhig und wir nutzen den regnerischen Tag, um den Holzschnitzern ein wenig über die Schulter zu schauen. Man nennt es wohl gläserne Produktion, denn wir können in den Werkstätten umherschlendern und schauen fasziniert zu, wie aus einem Stück Holz mittels modernster Robotertechnik der Rohling eines Dala-Pferdchens entsteht. Die Weiterverarbeitung ist dann immer noch Handarbeit. Schnitzer geben dem Pferd seine Rundungen und die Bemalung erfordert dann ein ruhiges Händchen. In der Werkstatt wird auch anderes Getier gefertigt, aber das berühmteste Souvenir ist das Dala-Pferdchen, das es in verschiedenen Größen gibt. Selbstverständlich wandern ein paar Tierchen ins Gepäck 😉 Elche sind aber auch hier Fehlanzeige…


Mittel- oder Nordschweden - Das ist hier die Frage

Sind wir eigentlich noch in Mittelschweden oder bereits in Nordschweden? Die Geister unserer beiden Reiseführer scheiden sich. Wie dem auch sei – für uns geht es noch ein Stückchen weiter nach Norden. Der Fulufjället Nationalpark ist unser Ziel und soll zugleich der nördlichste Punkt unserer Reise werden. Wir hatten uns aber zunächst zwei Wasserfälle in der Nähe von Orsa ausgeguckt, doch die 8 Kilometer lange Zufahrt zum Storstupet und Helvetesfall auf Schotterpiste ist noch für Fahrzeuge über 4 Tonnen gesperrt. Wir hatten es befürchtet.

 

Also geht es auf Inlandsvägen weiter gen Norden. Die Landschaft ist überraschend abwechslungsreich. Zwar geht es nun durch schier endlos scheinende Wälder. Doch die noch unbelaubten Bäume erlauben immer wieder Ausblicke auf Hügelketten, einsame Siedlungen und dunkle Seen. Begleitet werden wir von einem Aprilwetter-Mix aus Sonne, Wolken, Gewitter und Graupelschauern. Trotz viel Wald, keine Elch…

Im historischen Dorf Fågelsjö legen wir eine Mittagspause ein und bummeln durch die wie ausgestorben wirkenden Anlage. Außer ein paar Schafen ist niemand da, aber im Sommer ist hier ein Café bewirtschaftet und es gibt Vorführungen der Handwerker. Der Stellplatz wäre auch ganz nett und ruhig, aber es ist noch früh am Tag.

 

Weiter geht es also durch die Wälder bis nach Svega. Die erste wirkliche Stadt in der Region, die den Namen auch verdient. Es gibt einen Golfplatz, einen Skizirkus und den weltweit größten Holzbären, an dem wir aber ahnungslos vorbeifahren. Hier biegen wir ab die noch einsamere Straße gen Westen nach Särna. Die Siedlungen wirken zunehmend »arktisch« mit Verkehrshinweisen für Schneescooter. Auch die Vegetation ist noch weit zurück und die letzten Schneereste sind noch erkennen. So oder so ähnlich stellen wir uns Kanada vor. Die Zufahrten auf Schotterpisten sind jetzt mit Schneebarrieren blockiert. Offenbar darf man dort erst fahren, wenn die Hindernisse weggetaut sind.

Dann erwartet uns doch noch das Abenteuer in Form einer Baustelle. Die Straße ist frisch geschottert und ein Sattelzug ist im weichen Geröll stecken geblieben. Der Fahrer und Bauarbeiter sind schon am Schaufeln und schweres Bergegerät ist bereits im Anmarsch. Während wir noch das Manöver beobachten, werden wir von einem weiteren Sattelzug überholt. Der Fahrer winkt uns zur Weiterfahrt. Also Allrad zuschalten und die nun folgenden Offroad-Kilometer problemlos gemeistert. Vor den Toren des Nationalparks finden wir einen ruhigen Übernachtungsplatz und freuen und auf die Wanderung am nächsten Tag.


Wasser Marsch im Fulufjället Nationalpark

Wir haben weiterhin einen Aprilwetter-Mix und fahren die restlichen 12 Kilometer zum Eingang des Nationalparks mit einem leider geschlossenen Infocenter. Doch es gibt auch außerhalb Informationen zu den Wanderwegen und vor allem zu deren Begehbarkeit. Die Verhältnisse hier sind doch noch recht winterlich und auf den Berghängen liegt noch der Schnee. Doch unsere geplante gelbe Runde (etwa 4 Kilometer) zum Njupeskär-Wasserfall ist geöffnet.

Der Weg ist wunderbar ausgeschildert und nicht zu verfehlen. Es geht vorbei an Seen und Holzstege führen uns über morastiges Gelände. Wir sind allein unterwegs und begegnen nur ein paar Naturpark-Rangern, die die Wege für die Saison vorbereiten. Uns begeistern neben der Landschaft und der Ruhe auch die Schutzhütten. Sie sind überaus gepflegt und an alles ist gedacht. Saubere Plumpsklos, Grillstellen, Feuerholz und sogar Axt, Säge und Besen liegen bereit. Dazu Mülltüten, um den Abfall wieder mitzunehmen. Eine Beobachtung, die wir bereits bei unserer Baltikumreise gemacht haben. Bei uns in Deutschland wäre das undenkbar. Entweder es wäre alles zerstört oder geklaut.

In einer dieser Schutzhütten finden wir Unterschlupf vor dem etwas heftiger einsetzenden Regen. Dort gibt es sogar einen Kaminofen sowie Fellunterlagen als Sitzkissen. Wir können es kaum fassen. Dazu der Ausblick auf den mächtigen Njupeskär-Wasserfall. Da schmeckt das Rucksackvesper gleich nochmal so gut.

 

Dann kommt sogar noch die Sonne raus, wir unterhalten uns mit einem Wanderer aus den Niederlanden und die Ranger haben ein Stück des Weges weiter in Richtung Wasserfall für uns freigegeben. Perfekt! Eine wunderschöne Rundwanderung durch wohltuende Stille und Einsamkeit. Habe ich übrigens erwähnt, dass es im Nationalpark auch Bären geben soll? Und Elche? Beide haben wir auch hier nicht angetroffen…

Im Mumin gibt es noch eine wärmende Suppe, bevor unsere Reise weiter zu einem Abstecher nach Norwegen geht. Davon berichten wir beim nächsten Mal.



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