Unsere Zeit in Marokko rennt einfach so dahin. Nun sind wir bereits die dritte Woche im Land unterwegs und haben unsere Recherche an der Atlantikküste erfolgreich beendet. War unser Arbeitsmodus zu Beginn durch meine gesundheitlichen Schwächeleien noch ein wenig verlangsamt, sind wir jetzt etwas flotter unterwegs und damit auch in unserem Zeitplan. Unterwegs gab es noch einige Überraschungen und schöne Begegnungen. So freut es uns immer wieder, wenn wir Plätze und Orte vorfinden, die sich nicht oder nur wenig oder im Idealfall sogar positiv verändert haben.
Leider mussten wir aber auch mehrfach feststellen, dass Plätze, die vor sechs Jahren noch nagelneu waren und die wir guten Gewissens empfehlen konnten, inzwischen schlicht und einfach heruntergewirtschaftet sind. Entweder weil es am Engagement und der Verantwortlichkeit der Betreiber fehlt oder weil ein Besitzerwechsel stattgefunden hat. Oder – und so die Aussage eines Marokkaners – weil einige marokkanischen Sommergäste »ruinöses Verhalten« an den Tag legen würden. So wundert es eigentlich nicht, dass viele mit Sorgfalt geführten Plätze in den Sommermonaten geschlossen bleiben und erst wieder für die (europäischen) Wintergäste öffnen.
Sehr gefreut haben wir uns, dass einer unserer Lieblingsplätze in der Nähe von Mirleft und den Felsbögen von Legzhira nach wie vor fast unverändert ist. Immer noch gibt es dort den besten Cappuccino Marokkos, nach wie vor ist alles Topp in Schuss und besonders erfreulich – die beiden Söhne sind ins Geschäft eingestiegen und wollen den Platz im Sinne ihres Vaters weiterführen. Einem Marokkaner, der lange Jahre in Kopenhagen lebte und dort beim dänischen Wirtschaftskontrolldienst tätig war. Sagt eigentlich schon alles 😉
So sind wir über die nach wie vor lohnende, aber leider Camper unfreundliche Stadt Essaouira, die Stadt der Silberschmiede Tiznit und die spanisch geprägte Stadt Sidi Ifni mit ihrem morbiden Charme gen Süden getingelt. Und dabei sind wir zum ersten Mal in Kontakt mit der marokkanischen Obrigkeit geraten. Man sollte wissen, dass Marokko ein Polizeistaat ist, dass es fast an jeder Ortseinfahrt Kontrollen gibt, bei denen wir als Touristen in der Regel freundlich durchgewunken werden und dass es etliche Radarkontrollen gibt. Doch sie sind in der Regel weithin sichtbar und mit dem Mumin ist die Chance doch relativ gering, als »Raser« in Konflikt mit dem Gesetz zu kommen.
Nicht so in Mirleft. Zum ersten Mal kein freundliches Durchwinken, sondern ein Polizist, der uns zwar ebenfalls freundlich, aber bestimmt an die Seite komplimentiert. Kontrolle der Fahrzeugpapiere, Ausweis und Führerschein. Dann muss Frank aussteigen und wird zum Polizeifahrzeug gebeten. Dort zeigt eine Kamera unser »Vergehen«. Beim Bewundern der Landschaft sind wir wohl in einer kurzen 60er Zone mit stattlichen 69 km/h durchgebrettert. Die Überprüfung auf unserer Dashcam zeigt zwar nur 67 km/h, aber das ist wohl nicht beweiskräftig. Wir waren schlichtweg zu schnell unterwegs und das kostet uns nun 150 DH (15 Euro). Tja, da müssen wir wohl künftig etwas aufmerksamer sein.
Ab Sidi Ifni testen wir dann eine neue Route für unseren WOMO-Reiseführer. Sie führt uns zum ersten Mal in die Ausläufer des Antiatlas, in die ausgedehnte Steinwüste der Hamada und in einsame Oasendörfer. Und in den Glutofen Marokkos. Hatten wir entlang der Küste noch angenehme Temperaturen von 25-30 Grad, so bewegen wir uns jetzt konstant zwischen 38 und 42 Grad. Dazu ein heißer Wüstenwind, bei dem wir uns bald wie verschrumpelte Rosinen vorkommen. Wir kommen fast nicht hinterher mit dem Auffüllen von Flüssigkeit. Wasser, Tee und literweise Coca-Cola, das wir zuhause so gar nicht im Portfolio haben. Hier wirkt es aber fast wie »Medizin« mit einem kalten Zucker-Koffein-Booster.
Erfrischung durch eine kalte Dusche ist nicht möglich, denn das Wasser kommt schon lauwarm aus der Leitung. Im Mumin haben wir Innentemperaturen, die ebenfalls bei 40 Grad liegen. Nachts kühlt es kaum ab und morgens sind es immer noch 32 Grad. Da fällt das Schlafen schwer. Unsere Toilette ist inzwischen zum japanischen High-Tech-Modell mit angewärmtem Sitz mutiert, die Fußbodenheizung scheint in Dauerbetrieb zu sein und der Tisch dient bereits als Warmhalteplatte. Kurzum: wir köcheln vor uns hin.
Nichtsdestotrotz sind wir im Recherchemodus, versuchen (vergeblich) einen alten Agadir zu erklimmen, besuchen Oasendörfer und spazieren durch ein altes Lehmdorf. Obwohl es weitgehend dem Verfall preisgegeben ist, zieht es einige Familien im Sommer dorthin zurück. Dort ist es schlichtweg kühler als in den modernen Zementziegel-Bauten.
So viel für heute. Laut Wetter-App soll uns demnächst ein Temperatursturz von 15 bis 20 Grad bevorstehen und wir denken schon daran, die Winterkleidung aus dem Schrank zu holen. Ob es tatsächlich so kommt, davon erzähle ich dann beim nächsten Mal.