Schluchten, Berge, Königsstädte

Aus Mitte Oktober ist Ende Oktober geworden und seit unserem letzten Beitrag liegen wieder etliche Kilometer hinter uns. Nachdem sich der Mumin bereits im Wüstensand wacker geschlagen hat, bewährte er sich jetzt auch als Bergziege. »Das Dromedaire schafft jeden Djebel« meinte ein freundlicher Marokkaner auf unsere Frage, wie denn die Straßenbeschaffenheit einer geplanten Route wäre.

Doch von vorn. Nach unserem Aufenthalt in Goulmima machen wir uns auf den Weg zu unserer Schluchtentour. Dabei folgen wir zunächst bekannten Wegen und die Route durch die Gheris-Schlucht ist nach wie vor traumhaft. Kaum befahren, einsam und landschaftlich voller Höhepunkte. Die Straßenverhältnisse sind vereinzelt etwas holprig und besonders die Betonfurten durch die Oueds sind mit Vorsicht zu bewältigen. Entschädigt werden wir aber mit eindrucksvollen Panoramen. Wir entdecken eine wunderschöne Auberge, die wir in dieser einsamen Berglandschaft nicht vermutet hätten, und wir kommen durch einfache Dörfer, in denen die Felder noch in mühsamer Handarbeit bestellt werden. Frauen waschen im Fluss ihre Wäsche, schwer beladene Esel bringen die Maisernte nach Hause und Männer pflügen mit einem Pflug, der von einem Maultier gezogen wird. Ein wirklich archaisches Leben herrscht hier oben.

Dann folgen wir neuen Wegen, denn der Straßenbau ist mittlerweile bis in den Hohen Atlas vorgedrungen. Die berühmten Schluchten Dadès und Todhra können inzwischen in einer Rundfahrt von allen Fahrzeugklassen erkundet werden, denn die abenteuerliche Querverbindung über eine Piste ist seit Sommer 2025 nagelneu asphaltiert. Auch nach Norden hin ist das Dadès-Tal nun auf neuer Straße erschlossen. Das probieren wir natürlich aus und sind begeistert von dieser Panoramaroute. Landschaftsgenuss pur und wir erleben durch die lange Abgeschiedenheit noch ein ganz ursprüngliches Marokko.

So kreuzen wir den Hohen Atlas von Süd nach Nord und umgekehrt, so dass wir irgendwann wieder am Verkehrsknotenpunkt Ouarzazate landen und von dort ein letztes Mal nach Norden über die Gebirgskette fahren. Wesentlich schöner als die vielbefahrene Nationalstraße ist die Strecke durch das Ounila-Tal. Zwar hat auch dort das Erdbeben im September 2023 Schäden angerichtet und wir passieren immer wieder Geröllabgänge, aber wir kommen insgesamt gut durch. Die Magie der Farben in den Berghängen ist nach wie vor fantastisch.


Marrakesch – Von Gauklern, Gärten und Gruppenreisenden

In Marrakesch beziehen wir auf dem bewährten und immer noch empfehlenswerten Campingplatz Le Relais de Marrakech Quartier. Der ist bereits sehr gut besucht und vor allem Gruppenreisende sind momentan in Scharen in Marokko unterwegs. Geführte WOMO-Gruppen aus Deutschland, den Niederlanden und Frankreich, geführte Jeeptouren aus Spanien und Frankreich, geführte Motorradgruppen – offenbar ist man gerne im Rudel unterwegs. Wie uns Marokkaner bestätigen, scheint das der momentane Trend zu sein. »Beaucoup, beaucoup de groupes« hören wir nicht zum ersten Mal. Dazu kommen dann auch die organisierten Pauschalreisenden, die das Land in 7, 10 oder maximal 14 Tagen bereisen.

So ganz erklären können wir uns diesen Trend nicht. Büßt man damit doch ein gehöriges Stück der individuellen Reisefreiheit ein, denn der Tag ist gefüllt mit Programm, getakteten Routen und Zeiten. Freiraum für eigene Entdeckungen und spontane Entscheidungen bleibt da vermutlich nicht viel. Das Rundumsorglos-Paket ist natürlich bequem und das gesellige Miteinander ist vielleicht auch ganz nett. Aber ein Stinkstiefel in so einer Gruppe reicht aus und kann die ganze Reise verderben, die mit tausenden von Euro ja auch nicht wirklich ein Schnäppchen ist.

Marokko kann man sehr gut auf eigene Faust bereisen. Mit ein bisschen Entdeckergeist und Aufgeschlossenheit für fremde Sitten und Gebräuche kommt man hier gut klar, solange man keine europäische Perfektion erwartet. Familienanschluss und Einblicke in das Leben der Einheimischen bekommt man auch als Individualreisender. Und das vielleicht sogar ehrlicher als in der Gruppe.

 

Ja, Marokko kann bisweilen auch recht anstrengend sein und wir wurden kürzlich gefragt, welche Gründe es gäbe, Marokko NICHT zu bereisen. Was soll man darauf antworten? Aufdringliche Guides? Bettelnde Kinder? Wilder Müll? Sand in der Wüste? Ja, das alles gibt es. Aber wer mit dieser Haltung an ein Land herangeht, sollte wahrscheinlich besser ein anderes Ziel wählen. Nicht gefragt wurden wir nach den Gründen, die FÜR das Land sprechen. Davon könnten wir inzwischen Hunderte aufzählen. Aber die behalten wir wohl besser für uns. Oder man kauft unseren neuen Reiseführer für 25 Euro. Da stehen viele davon drin 😊

Aber ich schweife ab. Auf dem Campingplatz trudeln auch die ersten Overlander ein und wir haben einen netten Abend mit Regina und Peter, die mit ihrem »Felixhimmelblau« in einer losen Gruppe unterwegs in Richtung Mauretanien sind und mit Günter in seinem eindrucksvollen Actionmobil.

Marrakesch statten wir natürlich einen Besuch ab und sind wieder einmal geflasht von dem touristischen Trubel dort. Wir beschränken unsere Besichtigungstour auf Bauten, die wir vor sechs Jahren nicht auf dem Radar hatten. Ein absolutes Besuchermagnet ist die Medersa Ben Youssef. Die Koranschule wurde mehrere Jahre lang restauriert und ist jetzt das Highlight in Marrakesch. Auch einem der vielen Gärten der Stadt sollte man einen Besuch abstatten. Für uns stand diesmal der Jardin Secret auf dem Plan, der aber auch nicht mehr ganz so geheim ist. Er hat uns jedoch besser gefallen als der hippe und überlaufene Jardin Majorelle.

Ein Bummel durch die Souks darf dabei natürlich nicht fehlen, aber irgendwann reicht es dann auch und wir sind froh, wieder in die Ruhe des Campingplatzes zurückzukehren.   


Über den Mittleren Atlas zu den Königsstädten Meknés und Fès

Die Route in Richtung Mittlerer Atlas und damit wieder in die Berge absolvieren auf fast bekannter Strecke, entdecken aber auch noch eine neue Route, beschränken uns auf kurze Stippvisiten und halten uns nur in der Königsstadt Meknès etwas länger auf. Auch dort hat sich einiges getan und die Stadt hat viel Geld in die Renovierung ihrer Kulturschätze gesteckt. Meknès steht immer noch im Schatten ihrer drei großen Schwestern Fès, Marrakesch und Rabat, ist aber viel weniger überlaufen und wesentlich entspannter. Selbst der Parkplatz mitten im Zentrum, auf dem wir recht uncharmant übernachten, ist in der Nacht überraschend ruhig.

Nun sind wir fast am Ende unserer Reise angekommen. Zum guten Schluss wollten wir noch eine neue Tour in den Osten des Landes ausbaldowern. Doch für Wohnmobilisten im Standard-WOMO wird es hier einfach schwierig. Ich hatte mir die Route so schön ausgemalt, doch die Straßenverhältnisse machen gerade einen dicken Strich durch die Rechnung. Was als gute Asphaltstraße beginnt, endet als schmaler Teerstreifen mit Schlaglöchern, ausgefransten Rändern und in den Bergen als Schotterpiste ohne Seitenbegrenzung. Nichts für schwache Nerven und an manchen Stellen schlichtweg gefährlich. Auch wir sind am Limit und müssen diverse Alternativrouten abhaken. Dass es hier zudem keine Infrastruktur für Camper gibt und auch die freien Übernachtungsplätze rar gesät sind, davon wollen wir gar nicht reden. Noch sind wir nicht am Ende, vielleicht tut sich noch ein Licht auf. Wir werden berichten.  



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