Von Bisons, Bären und den Mönchen im Kloster Neamt

Heute ist der erste trübe und bedeckte Tag unserer Reise. Wir machen uns auf den Weg ins etwa 80 Kilometer entfernte Targu Neamt und verlassen damit langsam den Nordosten Rumäniens in Richtung Süden. Von unserer Pensionswirtin werden wir herzlich á la francaise mit Küsschen links und Küsschen rechts und den besten Wünschen für eine gute Weiterreise verabschiedet.

Über recht ordentliche Straßen fahren wir zunächst durch eine weite und fast ebene Landschaft. Zuvor versorgen wir uns in Gura Humorului mit 900 Lei Bargeld, die gleich darauf fürs Tanken wieder drauf gehen. "Cash only" heißt es da, und das ist bei unserem Tankvolumen halt ein wenig mehr. Also muss das Geld für heute reichen. Die Landschaft, die wir nun durchqueren, scheint sehr fruchtbar zu sein. Erst sind es säckeweise Kartoffeln, die am Straßenrand verkauft werden. Dann folgen Obstbaum-Plantagen mit Äpfeln, Birnen, Zwetschgen und mehr, die jetzt allerdings noch nicht reif sind.

Die Stadt Targu Neamt durchqueren wir und es gibt mal wieder chaotische Fahrer bzw. Querparker. Verkehrsregeln in Rumänien sind Optionen, an die man sich halten kann oder auch nicht.  Die Festung von Targu Neamt entdecken wir eher zufällig am Berghang - verzichten jedoch auf einen Besuch. Mittelalterliche Anlagen haben wir auch zuhause.

Unser Ziel ist das Kloster Neamt. In der Region gibt es wieder einige bedeutende Klöster, doch wir wollen es heute bei einem belassen. Kloster Neamt ist eines der ältesten Klöster Rumäniens und schon seit rund 1000 Jahren leben in diesem Seitental Mönche. Im 18. Jahrhundert war dies die weltgrößte Klostermalschule, in der auch Buchdruck und Kalligraphie betrieben wurden. Einige der Exponate sind im kleinen Museum zu sehen. Die wichtigste und zugleich älteste Klosterbibliothek des Landes ist jedoch nur für Fachpublikum zugänglich.

Wir lassen uns durch die Anlage treiben, treffen ein Paar aus Berlin, das auf Motorradtour unterwegs ist, machen Kaffeepause und fahren weiter zum Besucherzentrum des Vanatori-Neamt-Naturparkes, in dem wir uns hier befinden. Unter anderem findet ein Zuchtprogramm für europäische Bisons - sogenannte Wisente - statt. Seit 2012 werden diese im Naturpark ausgewildert. Derzeit leben nach Auskunft des Rangers zwei Herden mit jeweils 12-15 Tieren frei im Park. Weitere 12 Tiere sind im Gehege zu sehen - sofern man Glück hat ;)

Wir bekommen einen Info-Plan, gehen über einen kleinen Baumwipfelpfad und unternehmen auf einem der ausgewiesenen Rundwanderwege einen Spaziergang mit unserem Fellmonster. Dabei sichten wir tatsächlich in weiter Entfernung ein Wisent. Und wir verlieren auch unsere Wegmarkierung, so dass wir statt 30 Minuten eine Stunde unterwegs sind. Wir finden trotzdem zurück und als wir den Mumin erreichen, beginnt es leider auch zu regnen.

 

Am Flüsschen Secu in der Nähe des gleichnamigen Klosters finden wir schnell einen wunderbaren Übernachtungsplatz auf einer Wiese direkt am Bach. Über mehrere Kilometer erstreckt sich hier ein freies Campinggelände, das jedoch auch Bärengebiet ist. Im Sommer, wenn die Camper am Lagerfreuen grillen, soll schon mal der eine oder andere Meister Petz auf seiner Abendrunde vorbei schauen. Leider regnet es mittlerweile ziemlich heftig. Bei Nässe und kühlen Temperaturen sitzen wird drinnen und hoffen, dass unser Notstromaggregat uns heute Abend noch ein warmes Abendessen beschert. Die Bären allerdings - die wären ganz schön blöd, wenn sie bei diesem Wetter aus ihren Höhlen kommen würden.

Tagesetappe 97 km


Weiterfahrt ins Donau-Delta